Dritter Energiegipfel in Berlin: Merkel hält an Klimazielen fest

"Mutiger rangehen"

Themen des Gipfels waren die Versorgungssicherheit im Energiesektor und die ehrgeizigen Ziele der Bundesregierung zur CO2-Einsparung. Die Ziele der Regierung seien zu ambitioniert, verlautet aus der Energiewirtschaft.
Energieeffizienz müsse durch Ordnungsrecht vorgegeben werden, fordert dagegen Dr. Holger Krawinkel von der Verbraucherzentrale im domradio-Interview. Bei dem Gipfel fehlten nach seiner Ansicht Vertreter der Baubranche, die von gesetzlichen Effizienzvorgaben profitieren würden.

 (DR)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält weiter an den Klimaschutzzielen der Bundesregierung fest. Wenn man Klimaschutz ernst nehme, habe man "an bestimmten Stellen auch keine Optionen, sondern müssen die Reduktionsziele auch umsetzen", sagte Merkel am Dienstag nach dem Energiegipfel mit Spitzenvertretern der Wirtschaft und Verbraucherschützern im Kanzleramt.

Sie verwies darauf, dass sich die EU "ambitionierte Ziele" zur Begrenzung der Erderwärmung vorgenommen habe. Deutschland wolle seinen Beitrag zu Erreichung dieser Ziele leisten. Dies sei ein "nicht veränderbarer Bestandteil unserer zukünftigen Energiepolitik".

Die Kanzlerin zeigte sich "zutiefst überzeugt, dass Klimaschutz die Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist". Wenn dies so sei, müsse die Energie- und Klimaschutzpolitik auch darauf reagieren. Natürlich müsse man sich dabei um Kosteneffizienz und einen volkswirtschaftlich vertretbaren Weg bemühen, aber ein "Weiter so" könne es nicht geben.

Klimakonzept erarbeiten
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) würden nun ein Energie- und Klimaschutzkonzept erarbeiten, dessen Eckpunkte bis zur Kabinettsklausur Ende August vorgestellt werden sollen. Grundlage dafür seien eine Vielzahl von Maßnahmen, die unter Vorgabe der CO2-Reduktionsziele und der verbesserten Energieeffizienz aufgestellt worden seien.

Natürlich werde man sich dann wieder "rückkoppeln und diskutieren" mit Vertretern der Wirtschaft, versicherte die Regierungschefin. Da es Unstimmigkeiten und Zweifel gebe, inwieweit die angestrebten Energieeffizienzziele erreicht werden könnten, habe man auch mit der Wirtschaft einen "permanenten Monitoringprozess" vereinbart. "Nach der Rechtssetzung unseres Klimaschutz- und Energiepaketes wird man dann schauen müssen, ob das, was wir prognostizieren, auch wirklich so eintrifft", sagte Merkel.

Wir reden über die Zukunft unserer Kinder
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Wirtschaftsminister Glos (CSU), die nun das neue Energie- und Klimaschutzkonzept erarbeiten sollen, sind in Fragen der Energiepolitik zerstritten. Während Gabriel al Umweltminister ergeizige Klimaschutzziele verfolgt, waren von Wirtschaftsminister Glos im Vorfeld des Gipfels  eher industriefreundliche Töne zu hören. Das Vorhaben, die Energieeffizienz um drei Prozent jährlich zu steigern, sei "sehr ehrgeizig", sagte Glos im ZDF - "Morgenmagazin".

2007 seien es bereits acht Milliarden Euro Steuererleichterungen geflossen., kritisierte dagegen Umweltminister Gabriel. Seitens der Industrie "immer verbunden mit dem Versprechen, in den Klimaschutz zu investieren". Dazu sei es bislang aber nicht gekommen. "Das geht so nicht, wir reden hier schließlich über die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder, da muss man schon ein bisschen mutiger rangehen als das in Teilen der deutschen Wirtschaft der Fall ist".

Streit um Atomausstieg
Die Stromkonzerne halten das Vorhaben der großen Koalition, die Kohlendioxid-Emissionen bis 2020 um bis zu 40 Prozent zu reduzieren, für überzogen und kritisieren das Festhalten am Atomausstieg.

Machnig betonte: "Wenn wir weltweit ernsthaft die Kernenergie für die Klimaschutzpolitik nutzen wollten, müssten wir zu einer Verzehnfachung der Kapazitäten der Kernenergie kommen". Dann müsse auch über Standorte wie Afghanistan oder Turkmenistan geredet werden. Daher würden Protagonisten der Atomenergie die Menschen nur in die Irre führen, sagte der Staatssekretär.

Die Trennung von Ökonomie und Ökologie ist Vergangenheit
"Um Öl werden Kriege geführt." Nur erneuerbare Energien böten langfristige Versorgungssicherheit, sagte Milan Nitschke, Geschäftsführer Bundesverband Erneuerbare Energien, im domradio-Interview. "Wir werden mit den alten Energieträgern keine billige Energie mehr produzieren können."

Mit deutscher Ingenieurskunst zur Lösung der Energiefrage
Bremens neuer Umweltsenator, Reinhard Loske (Grüne), nannte es einen "verhängnisvollen Fehler", wenn sich große Teile der Industrie einer spürbaren Energieeinsparung weiter verweigerten. "Mit Ressourceneffizienz wird letztlich über die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen entscheiden", betonte der Umweltexperte. Deutsche Ingenieurskunst sei durchaus in der Lage, dieses ehrgeizige Ziel der Energieeinsparung zu erreichen. "Die Industrie muss sich entscheiden, ob sie Teil der Lösung werden oder Teil des Problems bleiben will", sagte Loske. Vor allem die großen Stromkonzerne dürften nicht länger tonangebend in der Debatte sein und weiter auf der Bremse stehen.



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