Ehemalige Heimkinder weiten Forderungen aus

Verlorene Jahre

Nach Forderungen an den Staat und die beiden großen Kirchen verlangt der "Verein ehemaliger Heimkinder" nun auch Schadenersatz von der deutschen Industrie. Das berichtet das Magazin FOCUS. Nach Angaben des Magazins beruhen die Schadenersatzforderungen an Träger und Betreiber der Heime darauf, dass "bis Ende der 70er Jahre viele Kinder und Jugendliche" dort arbeiten mussten, anstatt in die Schule zu gehen oder einen Beruf zu erlernen.

 (DR)

Der Münchner Anwalt Michael Witti, der die Interessen der Heimkinder vertritt, sagte dem Magazin, "die Firmen, die damals in Heimen arbeiten ließen, müssen dafür zahlen - und zwar gewaltig". Je nach erlittenem Leid sollten die Betroffenen Geld erhalten. Man müsse "über Milliarden reden".

FOCUS berichtet auch von einem ihm vorliegenden "vertraulichen Papier" der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Es enthalte die Empfehlung, in der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit "moralische Verantwortung" zu übernehmen. Eine Sprecherin der Bischofskonferenz sagte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Sonntag in Bonn, seit längerem befasse sich eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Deutschen Caritasverbandes damit, die historische Situation in den Heimen aufzuarbeiten. Daran beteiligt seien auch die Ordensgemeinschaften.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe haben die Kirchen mehrfach ihre "moralische Verantwortung" für frühere Missstände eingeräumt, zugleich aber vor falschen Verallgemeinerungen gewarnt. Aus ihrer Sicht spricht nichts dafür, dass die von den Anwälten der Betroffenen prognostizierte Opferzahl von 15.000 etwas mit der Realität zu tun haben könnte. Namentlich bekannt seien bisher 115 Personen, die Ansprüche anmeldeten, hieß es vor wenigen Monaten im Vorfeld einer Sitzung des Bundestag-Petitionsausschusses.

Dem stehe eine weit höhere Zahl von Berichten mit positiven Erinnerungen gegenüber. Eine systematisch angeordnete oder geduldete Misshandlung sei jedenfalls auszuschließen. Der Bundesverband katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen (BVkE) hatte bereits im vorigen Jahr erklärt, dass Misshandlungen keine generelle Praxis in kirchlichen Heimen gewesen seien.