Der ehemalige Pastor Harald Storz hat in Göttingen (Niedersachsen) nicht mehr gebrauchte Bibeln begraben. Die Bücher wurden nach dem Gottesdienst ohne Kreuz oder Grabstein in der Nähe der St.-Albani-Kirche beigesetzt. Vergleichbare Aktionen habe es in Deutschland bisher kaum gegeben, sagte Storz. Das Begräbnis sei angelehnt an eine jüdische Tradition.
Während seiner aktiven Zeit als Pastor für die St.-Jacobi-Kirche in Göttingen seien ihm öfter alte Bibeln überlassen worden, sagte Storz. "Menschen haben die Bücher etwa bei Haushaltsauflösungen von verstorbenen Familienmitgliedern gefunden und wollten sie nicht wegwerfen", sagte Storz. Doch er habe auch nicht gewusst, was er mit den Werken hätte anfangen sollen - und sie letztlich mit einem unguten Gefühl in den Müll geworfen.
Jüdische Tradition
In den vergangenen Jahrhunderten seien Bibeln - anders als heute, wo sie Massenware seien - über Generationen weitergegeben worden. Es gebe deshalb im christlichen Glauben keine Tradition für den Umgang mit nicht mehr benötigten Exemplaren.
Das sei im jüdischen Glauben anders. Dort werden nicht mehr brauchbare Tora-Schriftrollen schon lange begraben. "Die haben allerdings auch einen anderen Wert: Sie sind handgeschrieben und werden als eine Art Gegenwart Gottes vermenschlicht."
Als er unter anderem von einem Pastor in der Nähe von Leipzig hörte, der in Anlehnung an die jüdische Tradition Bibeln begrub, übernahm er die Idee für Göttingen. Mehrere Bürger kamen zu der kleinen Beerdigungsandacht und brachten Bibeln mit, die sie etwa wegen zu kleiner Schrift nicht mehr lesen konnten.