Die Theologische Fakultät zeichnete den 64-jährigen Jesuiten am Mittwochabend "für die hartnäckige Arbeit an der Aufklärung des Missbrauchsskandals" aus.
"Klaus Mertes hat durch sein praktisches Engagement und gleichzeitig durch seine theologischen Analysen die systemischen Gründe des Skandals aufgedeckt", so Laudator Magnus Striet. Obwohl er als "kirchlicher Nestbeschmutzer" beschimpft worden sei, höre Mertes seit "zehn Jahren den Opfern zu und half mit, die Schweigespirale in der katholischen Kirche zu durchbrechen".
Stehender Applaus
Mertes nahm die Auszeichnung unter langanhaltendem, stehendem Applaus entgegen. "Ich freue mich darüber und sehe die Doktorwürde als Ansporn, weiterhin Theologie zu betreiben. Auch heute ist die Rede von Gott wichtig", so der Jesuit. Er sprach sich dafür aus, das theologische Sprechen immer wieder zu erneuern.
Bei der Aufarbeitung von sexuellem und geistigem Missbrauch sei es entscheidend, das Leid der Betroffenen niemals zu unterschätzen. "Wer glaubt, die Folgen von Missbrauch schon verstanden zu haben, kann sich dem Leid der Betroffenen nicht wirklich nähern. Begreifen beginnt mit dem Nicht-Verstehen."
Erzbischof Burger lobt Mertes Engagement
Zuvor hatte der Freiburger Erzbischof Stephan Burger die Ehrenpromotion als Anerkennung bezeichnet, weil Mertes - auch gegen Widerstände - beharrlich für Aufklärung eingetreten sei. Es sei auch sein Verdienst, "dass wir uns heute unserer Verantwortung für die Opfer sexuellen Missbrauchs stärker bewusst sind und alles tun, um den Betroffenen gerecht zu werden und neue Vorfälle zu verhindern", so der Bischof.
Mertes machte 2010 als damaliger Leiter der Berliner Jesuitenschule Canisius-Kolleg Fälle von Missbrauch öffentlich. Damit stieß er eine breite Debatte an, die bis heute nicht abgeschlossen ist. Inzwischen ist Mertes Direktor der Jesuitenschule Sankt Blasien im Schwarzwald.
Er hält bundesweit Vorträge und publiziert zu Fragen von Missbrauchsaufarbeitung und Prävention.