Wolfgang Thierse über das Schreiben zur Amazonas-Synode

"Ein bisschen enttäuschend"

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat das Papstschreiben zur Amazonas-Synode als "ein bisschen enttäuschend" bezeichnet. Doch er sei "katholisch genug", um bis an sein Lebensende Respekt vor dem Papst zu haben.

Wolfgang Thierse (dpa)
Wolfgang Thierse / ( dpa )

"Wenn ich dieses letzte Schreiben des Papstes, was ja ein bisschen enttäuschend ist, richtig sehe, habe ich den Eindruck, dass dieser Papst die Kirche anders führen will, indem er die Erwartungen der Gläubigen und ihre Fixierung auf ihn selber, auf den Papst, immerfort enttäuscht", sagte Thierse, der Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist, in einem Interview des Deutschlandfunk, das am Sonntag gesendet werden soll.

Mit Blick auf den Reformdialog Synodaler Weg in der katholischen Kirche in Deutschland sagte der SPD-Politiker, er selbst sei "sehr für eine synodale katholische Kirche, ohne der Überzeugung zu sein, dass das alle Probleme löst, die große Institutionen in dieser Gesellschaft haben". Wenn Bischöfe und Laien nun den Synodalen Weg gingen, habe er nicht die Erwartung, "dass man am Ende wer weiß welche Ergebnisse erzielt hat und dann auch Zustimmung aus Rom kommt, sondern dass wir in der Art und Weise, wie wir da umgehen im Geist, in dem da miteinander gestritten wird, in der Qualität der Argumente diese Kirche verändern".

"Katholisch genug"

Thierse sagte, er selbst sei "katholisch genug", um bis an sein Lebensende Respekt vor dem Papst zu haben. "Aber wir sollten diese Fixierung auf den Papst überwinden und mehr auf den Glaubenssinn der katholischen Kirche, des wandelnden Volks Gottes vertrauen und nicht so sehr auf den Glaubenssinn des Vatikans."

Das Zentrum der katholischen Kirche sei die Botschaft des Evangeliums - "und das muss es bleiben", so Thierse. "Ohne eine Tradition, ohne eine Institution kann man auch eine Botschaft nicht weitertragen. Ich bin dafür, dass die katholische Kirche bleibt. Wir brauchen sie noch lange, wir brauchen sie vielleicht für immer, so wie wir die Demokratie als politische Lebensform der Freiheit brauchen." Für die Kirche gelte, "dass die Botschaft des Evangeliums, die Botschaft der Nächstenliebe, der gleichen Würde aller Menschen unüberbietbar richtig bleibt".


Quelle:
KNA
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