Bestürzung über Wahlerfolge der AfD - Aufrufe zum Dialog

"Ein ernstes Problem"

Auch Religionsvertreter haben an diesem Sonntag auf die Ergebnisse der Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen reagiert. Die AfD konnte in den Hochrechnungen in beiden Wahlen starke Zugewinne verzeichnen.

Symbolbild: Stimmenauszählung nach einer Wahl / © Peter Steffen (dpa)
Symbolbild: Stimmenauszählung nach einer Wahl / © Peter Steffen ( dpa )

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch rief zu Dialog und Zusammenarbeit auf. Ab sofort müsse es "wieder um die drängenden Themen gehen, wie den Strukturwandel in der Lausitz, den Fachkräftemangel, eine gute Bildung und eine Anpassung der Lebensverhältnisse in Stadt und Land", sagte Koch. Der Erzbischof warb dafür, parteiübergreifend nach Lösungen zu suchen: "Langwierige und eigensinnige Koalitionsverhandlungen schaden dem Ansehen der Politik und vor allem dem Land."

Erinnerungen an frühere Erfahrungen

Vertreter des Judentums und Holocaust-Überlebende zeigten sich bestürzt über die Wahlergebnisse der AfD. In beiden Ländern setze sich "der Trend in die rechtsextreme und von Wut und Hass dominierte Welt der AfD fort", erklärte der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner. Wenn "mehr als jeder fünfte Bürger in dieser Richtung abbiegt, hat die Demokratie in Deutschland ein ernstes Problem", warnte er.

Holocaust-Überlebende erinnere "dieses Bedrohungsszenario" an Erfahrungen, die sie selbst machen mussten, fügte Heubner hinzu. "Sie erhoffen jetzt von den demokratischen Parteien ein starkes und mutiges gemeinsames Engagement gegen Rechts, damit Antisemitismus und rechtsextremer Hass in Deutschland keine neue Heimat finden."

Nach aktuellen Hochrechnungen ist die AfD in beiden Ländern zweitstärkste Kraft: In Sachsen kommt sie demnach auf 28,1 Prozent (CDU: 33,1), in Brandenburg auf 23,8 Prozent (SPD: 26,5). Sie verzeichnete jeweils Stimmenzuwächse im zweistelligen Prozentpunktbereich.

Schwierige Aufgabe für Demokratische Parteien

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, bezeichnete die AfD-Ergebnisse als "erschreckend". Es sei schockierend, dass eine "so offen rechtsradikal, antidemokratisch und oft genug auch antisemitisch auftretende Partei" in beiden Ländern derart stark habe abschneiden können, erklärte Knobloch. Ein erheblicher Teil der Wähler habe, bis weit in die Mitte hinein, eine Partei gestärkt, "die unsere parlamentarische Demokratie erklärtermaßen gering schätzt".

Diese Entwicklung ist nach den Worten von Knobloch nicht mehr nur bedenklich, "sondern als Ausweis mangelnden Vertrauens in unser politisches System insgesamt bedrohlich". Gerade deshalb dürften CDU und SPD sich nicht darauf ausruhen, ihre Spitzenpositionen doch noch knapp verteidigt zu haben.

Alle demokratischen Parteien stünden nun vor einer schwierigen Aufgabe, so die Präsidentin. Sie müssten in Dresden und Potsdam stabile Regierungen ohne eine wie auch immer geartete Beteiligung der AfD bilden. Langfristig müssten sie aber vor allem Wege finden, um denjenigen, die dieser Partei ihre Stimme gegeben haben, wieder ein überzeugendes Angebot zu machen und sie so ins demokratische Lager zurückzuholen. "Der Schockzustand am Abend der Wahl darf nicht der Normalzustand werden", sagte Knobloch.


Erzbischof Heiner Koch / © Markus Nowak (KNA)
Erzbischof Heiner Koch / © Markus Nowak ( KNA )

Charlotte Knobloch / © Peter Kneffel (dpa)
Charlotte Knobloch / © Peter Kneffel ( dpa )
Quelle:
KNA