Dem Buß- und Bettag droht das Vergessen

Ein Feierabend-Feiertag

Nur wenige Jahre nach seiner bundesweiten Einführung war er schnell wieder Geschichte: Den Buß- und Bettag gibt es heute nur noch in Sachsen als freien Tag. Was steckt hinter dem Feiertag der Evangelischen Kirche und seiner Geschichte?

Evangelische Christen feiern Buß- und Bettag / © Arno Burgi (dpa)
Evangelische Christen feiern Buß- und Bettag / © Arno Burgi ( dpa )

DOMRADIO.DE: Diesmal steht der Buß- und Bettag im Zeichen von Versöhnung: Was wird heute denn in der Evangelischen Kirche gefeiert?

Thies Gundlach (Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes): Die Versöhnung hat in unserer Tradition immer drei Dimensionen: zunächst einmal mit sich selbst. Also, so ein Tag dient auch dazu, mal zu gucken "Wo stehe ich, was habe ich vielleicht falsch gemacht". Zweitens mit der Familie, mit den Freunden, mit der Arbeitssituation, was immer Sie an Themen haben. Und dann beschäftigt viele auch die Frage nach dem Verhältnis zu Gott, also zu dem, was uns wirklich wichtig ist, wovon und woraufhin wir leben. Diese drei Dimensionen spielen bei der Versöhnung eine große Rolle und jeder, der die Chance hat, sollte sich die Zeit nehmen, seine Seele pflegen und sich etwas Gutes tun.

DOMRADIO.DE: Zeit nehmen für den Feiertag bedeutet, sich einen Urlaubstag zu nehmen, denn es ist kein gesetzlicher Feiertag mehr. Gerät der Buß- und Bettag vielleicht auch so in Vergessenheit?

Gundlach: Die Kirchen versuchen schon durchweg deutlich zu machen, dass auch abends oder nach der Arbeit Gelegenheit ist, dieses Thema aufzunehmen und zu feiern. Wir bieten eine Fülle von Gottesdiensten an. Es gibt auch viele, die mit der Schule solche Gottesdienste feiern. Aber natürlich haben Sie recht, wenn das nicht offiziell thematisiert wird, gerät das leicht in Vergessenheit. Man kann sich auch die Presseverlage angucken: Da ist meines Wissens heute in den großen überregionalen Zeitungen nicht so ganz viel zum Buß- und Bettag zu lesen.

DOMRADIO.DE: Warum wurde der Feiertag denn überhaupt abgeschafft?

Gundlach: Damals war das ein Deal von Bundeskanzler Kohl beziehungsweise Arbeitsminister Blüm und den Kirchen, die gesagt haben "Wir wollen eine Pflegeversicherung, die aber der Arbeitgeber nicht zu hundert Prozent bezahlen muss". Deswegen waren wir bereit, für diesen diakonischen Dienst auf diesen Tag zu verzichten, denn die Pflegeversicherung ist ja absolut wichtig und wird auch immer wichtiger.

DOMRADIO.DE: In einem letzten Bundesland gibt es ihn noch wie früher: Der Buß- und Bettag ist in Sachsen nach wie vor Feiertag...

Gundlach: Genau, das war eine Verabredung bei der friedlichen Revolution 1989/1990. Damals war auch der Buß- und Bettag noch ein gesamtgesellschaftlicher Feiertag. Insofern haben die das damals in ihre Verträge aufgenommen und das ist geblieben. Ich beneide die Sachsen ein kleines bisschen, dass die den Tag noch haben, weil der auch inhaltlich sehr gefüllt sein kann und insofern freuen wir uns für die Sachsen.

DOMRADIO.DE: Was steht denn bei Ihnen persönlich heute noch auf dem Programm zum Buß- und Bettag?

Gundlach: Ich habe heute Abend die Gelegenheit, solch einen Gottesdienst mitzufeiern. Tagsüber habe ich einen ganz normalen Arbeitstag.


Quelle:
KNA