"Dabeisein ist alles": Das olympische Motto lebt Padre Georg Pettinger schon seit Jahren als Präsident der Freizeit-Fußballmannschaft "Gallier Emmerting" in seiner früheren bayrischen Heimat. "Wir sind eher Niederlagen als Siege gewöhnt und treten dennoch immer wieder an", sagt der katholische Pfarrer, der das deutsche paralympische Team bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro (7. bis 18. September) begleiten wird.
Pfarrei umfasst 1.000 Quadratkilometer
Besonders sportlich sei er zwar nicht, und auch seine Erfahrung mit Behinderten sei eher gering, jedoch freue er sich genau deshalb auf die neue Aufgabe, sagt Pettinger. Der Austragungsort dagegen ist kein Neuland für den 39-Jährigen. Seit 2009 lebt er in Brasilien. Das Bistum Passau schickte ihn zunächst als Missionspriester in den Bundesstaat Bahia - das "Armenhaus Brasiliens". "Entweder hatten wir Strom, Wasser oder Internet - aber nie alles drei zusammen", so der Pfarrer über die Herausforderungen des Alltags. Seine Pfarrei umfasste 42 Gemeinden und 30.000 Christen in einem Territorium von 1.000 Quadratkilometern.
"Ich hatte in dieser Zeit nichts mit Deutschen zu tun, ich habe fast das Hochdeutsch verlernt", erklärt er mit bayrischem Zungenschlag. Seit einem Jahr muss er wieder verstärkt auf die Muttersprache zurückgreifen. Er ist nun in Sao Paulo als Pfarrer für die deutsche Gemeinde zuständig. Deswegen fallen auch die Paralympics in seinen Aufgabenbereich. "Ich bin einer der letzten deutschsprachigen Seelsorger im Großraum Rio und Sao Paulo", so Padre Georg.
Ruf nach Lateinamerika
Die Wurzeln des Mannes mit dem schwarzen Vollbart liegen in Oberbayern: 1976 in Trostberg geboren, aufgewachsen mit drei Geschwistern in Burghausen, Theologie-Studium in Passau und München. Nach der Zeit als Diakon in Landau an der Isar, war er Kaplan in Eichendorf und Pfarrkirchen, bevor er dem Ruf nach Lateinamerika folgte.
Auch wenn Sporttreiben beim Padre eher eine untergeordnete Rolle spielt - "ab und an mal ein bisschen Volleyball und sonst lese und koche ich gerne in meiner Freizeit" - ist er doch sportinteressiert: "Alles was live ist, erlebe ich gerne mit." Er sei immer ein Fan von Stadien und Wettkämpfen vor Ort gewesen. "Da kommt die Stimmung richtig rüber - ich möchte unter den Leuten sitzen und mitfühlen." Die Olympischen Spiele für Sportler mit Behinderung vom 7. bis 18. September 2016 werden ihm ausreichend Gelegenheit dazu geben.
Überraschende Entscheidung
Was ihn in Rio noch erwartet? "Ich weiß es nicht. Die Entscheidung mich dorthin zu schicken, kam für mich überraschend - jetzt muss ich mich noch ein wenig schlaumachen, bevor es losgeht." Die Sportler kämen alle mit hohen Erwartungen und Hoffnung, darauf müsse man je nach Wettkampfergebnis flexibel reagieren. "Ich hoffe in einer positiven, freudigen Art, die Athleten auch bei Enttäuschungen auffangen zu können", erklärt der Seelsorger, der mit seinem evangelischen Kollegen Christian Bode als ökumenisches Tandem in Rio auftreten will.
Die Paralympics könnten gerade in Brasilien die Belange von Behinderten in den Vordergrund rücken, hofft Pettinger: "Hier ist die Barrierefreiheit ein großes Thema. Aber die Umsetzung gelingt leider aus finanziellen und politischen Gründen in den wenigsten Fällen." In seiner alten Pfarrei in Bahia seien manchmal Menschen versteckt worden, weil die Angehörigen sich schämten und die medizinische und finanzielle Versorgung schwierig seien.
Etwas besser sei die Situation in den Großstädten. Da sei man auf einem "bemühten Weg", findet Pettinger. Für das deutsche Team hat er vorerst eine Botschaft parat: "Egal, ob Ihr gewinnt oder nicht - macht Euch darum keine Gedanken. Ihr wart in Rio, der schönsten Stadt der Welt!"