Ein Geistlicher als mehrfacher Missbrauchstäter

Der Fall Priester H.

Mit dem Essener Diözesanpriester H. verbindet sich einer der brisantesten Missbrauchsfälle der katholischen Kirche in Deutschland. Seit 2010 machte er immer wieder weltweit Schlagzeilen. Bisher haben sich rund 30 Betroffene gemeldet.

Ein graues und ein weißes Collarhemd / © Cristian Gennari (KNA)
Ein graues und ein weißes Collarhemd / © Cristian Gennari ( KNA )

Der Geistliche verging sich an Minderjährigen an mindestens vier Orten in Nordrhein-Westfalen und Oberbayern.

Als Verantwortungsträger betroffen sind der emeritierte Papst Benedikt XVI., die Münchner Kardinäle Friedrich Wetter und Reinhard Marx sowie der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck und einer seiner Vorgänger, Kardinal Franz Hengsbach. Das im Januar 2022 veröffentlichte Münchner Missbrauchsgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) für das Erzbistum München und Freising widmet allein Peter H. mehrere hundert Seiten.

Ratzinger streitet Kenntnis ab

Der Mann kam, bereits durch Übergriffe auffällig geworden, Anfang 1980 nach München und sollte sich dort einer Therapie unterziehen.

Der damalige Kardinal Joseph Ratzinger spricht zur Gemeinde / © N.N. (KNA)
Der damalige Kardinal Joseph Ratzinger spricht zur Gemeinde / © N.N. ( KNA )

Auf eine Anzeige und oder ein eigenes Strafverfahren verzichtete die Kirche. Benedikt XVI., als Joseph Ratzinger damals Erzbischof in München, bestreitet bis heute, damals von H.s Vorgeschichte gewusst zu haben.

Kurz nach seiner Übersiedlung arbeitete H. wieder als Seelsorger, zunächst in München, von 1982 bis 1985 in Grafing, 1987 bis 2008 in Garching an der Alz, danach bis 2010 als Kurseelsorger in Bad Tölz.

1986 verurteilte ihn das Amtsgericht Ebersberg nach einem Geständnis zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 4.000 D-Mark. Der Gerichtsgutachter und H.s Therapeut waren sich einig, dass der Priester nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfe. Dennoch wurde er abermals mit Gemeindeseelsorge beauftragt.

Von Overbeck aus Seelsorge abgezogen

Nach neuerlichen Vorwürfen zog ihn Bischof Overbeck am 11. März 2010 aus der Seelsorge ab. 2020 kehrte H. ins Bistum Essen zurück, wo er bis zuletzt zurückgezogen und unter Aufsicht lebt.

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Andre Zelck (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Andre Zelck ( KNA )

Ein kirchenrechtliches Strafverfahren in München endete im Mai 2016. Das Berufsverbot wurde bestätigt, der Titel Pfarrer entzogen.

Außerdem musste H. drei Monatsgehälter an eine Stiftung zahlen. Im Rahmen eines kirchenrechtlichen Verfahrens hatte der Vatikan im Zuge der Rechtsbelehrung H. erklärt, dass er selbst um die Entlassung aus dem Klerikerstand bitten könne. Dies erfolgte nun. Damit steht H. auch nicht mehr unter der Weisungsbefugnis seines Heimatbistums Essen.

Hintergrund: Entlassung aus dem Klerikerstand 

Die Entlassung aus dem Klerikerstand wird umgangssprachlich als "Laisierung" bezeichnet. Sie kann etwa vor einer Heirat auf Antrag des Betroffenen erfolgen. Bei schweren Vergehen von Geistlichen ist sie im katholischen Kirchenrecht die Höchststrafe.

Symbolbild Priester / © Yeti studio (shutterstock)
Quelle:
KNA