Sie ernten Zitronen und Tomaten, arbeiten in Textilfabriken, backen Pizza und Brot. 120 Asylsuchende und Flüchtlinge haben in Pistoia in der Toskana nicht nur ein vorläufiges Zuhause und Betreuung gefunden. Ihnen wurde auch Arbeit vermittelt. Pfarrer Massimo Biancalani kümmert sich um sie in zwei Einrichtungen, die bisher nur von privaten Spendern finanziert werden.
"Ich bin dem Appell von Papst Franziskus gefolgt, der 2015 die italienischen Pfarreien aufforderte, Flüchtlinge aufzunehmen", erzählt der 56-jährige Seelsorger. In Nebengebäuden von Kirchen wohnen seitdem auch Migranten, meist kinderreiche Familien. Doch in so großem Stil wie bei Don Massimo wurde wohl nirgendwo sonst der Papstappell in die Tat umgesetzt.
Solidarisches Handeln
Seine Gäste sind im Schnitt 20 bis 23 Jahre alt; sie stammen meist aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, etwa aus dem Senegal, aus Mali, Gambia, Guinea und Ghana. Viele lebten vorher als illegale Flüchtlinge tatenlos auf der Straße, unter ihnen auch einige italienische Obdachlose.
Don Massimo fand Arbeit für sie, wenn auch meist schlecht bezahlte. Er organisiert auch weitere Initiativen. Die "Pizzeria del Refugiato", des Flüchtlings also, öffnet jeden Samstag. Drei Euro kostet dort eine Pizza, gebacken und vorbereitet von Don Massimos Migranten. Wer kein Geld hat, darf auch gratis essen. Nach der Sonntagsmesse verteilen sie, gegen eine Spende, ihr selbstgebackenes Brot an die Gläubigen.
Bedrohungen durch Rechtsradikale
Wie die Pfarrmitglieder auf Don Massimos Flüchtlingseinsatz reagieren? "Es gab keine offen bekundete Gegnerschaft", sagt Don Massimo vorsichtig, was aussagt, dass es aber mit Solidarität nicht weit her ist. Auch die Behörden reagierten bisher nicht positiv.
Neuerdings sieht Don Massimo sich gar "in stetiger Alarmbereitschaft". Schon 2017 wurde die Gemeinschaft mehrfach von Rechtsradikalen bedroht. Seit in Rom die Regierung der Lega Nord und Fünf-Sterne-Bewegung mit dem fremdenfeindlichen Populisten Matteo Salvini als Innenminister am Werk ist, sieht sich der Pfarrer in Pistoia erneut im Visier.
Salvini sperrt nicht nur Italiens Häfen für Schiffe, die Boatpeople vor dem Ertrinken im Mittelmeer retteten. Landauf und landab verbreitet er Anti-Flüchtlings-Parolen. Die Folge sind verstärkte fremdenfeindliche Demonstrationen. Don Massimos Gäste bekommen das zu spüren. Immer wieder kommen Drohbriefe. Zwei 13-jährige Italiener zielten am 2. August gar auf einen Afrikaner aus Gambia, zum Glück mit einer leeren Waffe. Er mache aber weiter, "solange man mich lässt", sagt Don Massimo.
Weltkonferenz im Vatikan
Umso mehr freut er sich, dass ihm jetzt der Vatikan unter die Arme greift. In der zweiten Septemberhälfte findet in Rom eine Weltkonferenz statt. Themen sind Fremden- und Rassenhass sowie der populistische Nationalismus im Kontext der globalen Migration.
Organisiert wird die Konferenz unter anderem vom Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen, in dem seit 2016 mehrere päpstliche Räte zusammengefasst sind. Don Massimo ist eingeladen worden, auf der Konferenz über seine pastorale Arbeit mit Flüchtlingen zu berichten. Unter den Zuhörern - kein geringerer als Papst Franziskus höchstpersönlich.
Christa Langen-Peduto