Der schlichte Holzsarg von Jacques Hamel war mit einem weißen Priestergewand und einer roten Stola bedeckt. Dies sollte daran erinnern, dass der Tod Hamels dem Jesu Christi ähnlich sei, der zu Unrecht verurteilt und getötet wurde. Am 26. Juli jährt sich der Tag, an dem der Priester Hamel während einer Messe in Saint-Etienne-du-Rouvray von zwei Islamisten ermordet wurde. Er war der erste Priester in Europa, der Opfer der Dschihadisten wurde.
Bescheiden und einfach - mit diesen Worten beschrieb der Priester Pierre Belhache der benachbarten Pfarrgemeinde den Pater. "Er war ein Mann, der einfach gelebt hat; jemand, der immer etwas zu tun hatte", sagte Belhache vor einem Jahr.
Ein Priester mit Charisma
Hamel war trotz seiner 85 Jahre aktiv in der Gemeinde. Regelmäßig feierte er Messen, taufte Kinder und traute Verliebte. "Eine Person, die für ihre Ideen und ihre Religion lebte" - so charakterisierte der Präsident der Muslime der Normandie, Mohammed Karabila, den Priester.
Hamel habe ein besonderes Charisma gehabt, so Karabila. Andere schätzten Hamels Aufmerksamkeit, seine rücksichtsvolle Art und sein Lächeln, das er immer auf den Lippen gehabt haben soll. "Sein Gesicht strahlte Gutherzigkeit aus", sagte der ehemalige Erzbischof von Rouen, Jean-Charles Descubes.
Geboren wurde Hamel am 30. November 1930 in einem Vorort von Rouen. Er gehörte zu den vielen jungen Männern, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg dazu entschieden, ins Priesterseminar zu gehen. 1958 wurde er geweiht.
Hamel gilt als Märtyrer
Zu seiner Beerdigung in der Kathedrale von Rouen am 2. August 2016 kamen 1.600 Menschen. Unter anderen Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve sowie zahlreiche Geistliche und Vertreter anderer Religionsgemeinschaften. In einer bewegenden Ansprache wandte sich Hamels Schwester an die Trauergemeinde. Sie erinnerte sich, dass ihr Bruder sich während des Algerienkriegs entschieden habe, als einfacher Soldat zu dienen, obwohl ihm der Offiziersgrad angeboten worden sei. Diesen habe er abgelehnt, da er keine Anweisung zum Töten habe geben wollen.
Der Fall Hamel erschütterte die katholische Kirche. Im September 2016 würdigte Papst Franziskus Hamel als Märtyrer. In einer Messe mit Pilgern des Erzbistums Rouen sagte er, Hamel stehe in einer Reihe mit den Glaubenszeugen der ersten Jahrhunderte. "Die ersten Christen haben ihr Bekenntnis zu Jesus Christus mit dem Leben bezahlt", sagte der Papst.
Hamel als Vorbild
"Diese Geschichte wiederholt sich bis heute, und in der heutigen Kirche gibt es mehr christliche Märtyrer als in den ersten Zeiten." Noch immer würden Christen "ermordet, gefoltert, eingesperrt, abgeschlachtet, weil sie Jesus Christus nicht verleugnen", so Franziskus. Der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun, eröffnete im April schließlich offiziell das Seligsprechungsverfahren für Hamel.
Frankreichs Bischofskonferenz-Vorsitzender Georges Pontier würdigte Hamel nun als Vorbild. "Dies ist der Mensch unter Menschen, der Priester, der ein Symbol für ein Leben mit den anderen geworden ist", sagte Pontier am Montag in Paris. Er habe ein Leben der täglichen Loyalität und verwurzelt in der Liebe Christi gelebt. Der Mord an Hamel sei eines dieser "undenkbaren Ereignisse" gewesen, die sprachlos machten.
Anteilnahme auch unter Muslimen
Auch die muslimische Welt schreckte über den Mord an dem Priester durch zwei Islamisten auf. Der praktizierende Muslim Mohammed Nadim hat seine Gedanken in Briefen an Hamel dokumentiert und in einem Buch mit dem Titel "Requiem pour le pere Jacques Hamel" veröffentlicht.
Darin drückt er seine Bestürzung, Wut und auch Fragen zum Glauben sowie der Schwierigkeit des Zusammenlebens aus. Er bittet um Vergebung im Namen der Menschen und nicht im Namen ihrer Religion.
Hamels Tod stärkt interreligiösen Dialog
"Es scheint manchmal, dass wir den Schlüssel zu dem einzigen Haus verloren haben, das unter den Trümmern noch steht und dass wir nicht mehr wissen, wohin wir gehen oder welche Richtung wir einschlagen sollen", so Nadim, der derzeit im Süden Algeriens arbeitet.
Nadim nennt Hamel Vater und Bruder, obwohl sie sich niemals getroffen haben. Im Vorwort schreibt der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun, dass das Requiem grün wie die Hoffnung oder blau wie der Horizont sei. Er dankt Nadim für seine offenen Worte und schreibt am Ende: "Wir kannten uns nicht, aber jetzt sind wir befreundet. Haben wir den gleichen Gott? Möge Gott Sie segnen!"