Kardinal Woelki feiert Fronleichnamsgottesdienst vor dem Kölner Dom

"Ein Tag zum Niederknien"

Zu Fronleichnam hat Rainer Maria Kardinal Woelki ein feierliches Pontifikalamt am Roncalliplatz vor dem Kölner Dom gefeiert. In seiner Predigt bezeichnete der Kölner Erzbischof das Hochfest als Fest der Nähe Gottes und rief zur Solidarität mit allen Menschen auf, die unter der Corona-Pandemie besonders zu leiden haben. 

Fronleichnam / © Beatrice Tomasetti (DR)
Fronleichnam / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Jesus Christus als Brot für das Leben der Welt steht im Zentrum der Predigt des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki zum Hochfest Fronleichnam. In seiner Predigt betrachtete der Kölner Erzbischof die Herausforderungen, denen sich die Menschen in der Krise stellen – und erklärte, wo Christus auch aktuell gegenwärtig sei.

Zunächst richtete Kardinal Woelki seinen Blick auf die Coronavirus-Pandemie und ihre Folgen. Die Krise habe das Leben der Menschen verändert. Alltägliche Verhaltensweisen seien umgekrempelt worden. Gottesdienste mussten über Wochen ohne Gläubige stattfinden, lange Zeit gab es keine Möglichkeit "den Herrn im Sakrament der Eucharistie zu empfangen", so Woelki.

Woelki: Christus ist in der Eucharistie "wirklich da"

Fronleichnam sei nun aber das Gegenteil von Distanz zum Herrn, denn schließlich werde genau "die bleibende Nähe Gottes in seinem Sohn Jesus Christus" gefeiert. "In der heiligen Eucharistie" sei Christus "wirklich da", "er gibt sich uns sogar zur Speise", erläuterte der Kölner Erzbischof. Im Brot schenke sich Jesus selbst: "Nehmt und esst; das ist mein Leib" (Mt 26,26).

Und: "Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben…" (Joh 6,51). Diese Botschaft Jesu sei gerade in Zeiten der Pandemie "wichtiger denn je", betont Kardinal Woelki.

Das Leid der Menschen sei in dieser Krise gewachsen: Viele Menschen hätten ihre Arbeit verloren, viele litten gerade jetzt unter häuslicher Gewalt, viele leisteten wichtige Dienste im Niedriglohnbereich und würden doch nicht wahrgenommen, und schließlich seien auch viele am Coronavirus verstorben.

Dank an Helferinnen und Helfer der Obdachlosenspeisung 

Besonders die Armen, die auf der Straße leben, litten unter der Situation, erklärt der Erzbischof. Um sie gelte es sich jetzt auch gerade zu kümmern: "Was nützt es, wenn der eucharistische Tisch überreich mit goldenen Kelchen bestückt ist, während er Hunger leidet?"

Genau darum gehe es zu Fronleichnam, und deshalb danke er auch "den vielen Jungen Leuten von Herzen", erklärt Kardinal Woelki, "die in den vergangenen Wochen in unserem Priesterseminar bis zu 150 wohnungs- und obdachlosen Menschen eine warme Mahlzeit serviert haben". Sie seien zu "Botschafterinnen und Botschaftern von Fronleichnam geworden", und seien zudem "wie eine Monstranz, durch die Christus, der Sohn Gottes gut wie Brot, aufgrund Eures Dienstes für viele konkret erfahrbar und berührbar geworden" sei, so Woelki.

Christus in der Monstranz und im Menschen gegenwärtig

Der Leib des Herrn, der bei der Prozession durch die Straßen getragen werde, sei "derselbe Leib des Herrn, den wir jeden Tag auf unseren Straßen antreffen – nah oder fern", betont der Kölner Erzbischof. Er sei in den Armen, aber auch in Flüchtlingen und Asylsuchenden zu finden. Christus begegne uns "in jeder Frau, in jedem Mann und jedem Kind, das auf Zukunft hofft und sich nach einem menschenwürdigen Leben" sehne, hob der Kölner Erzbischof hervor.

Fronleichnam lade nicht nur zur Verehrung Christi im Allerheiligsten Sakrament ein, sondern auch dazu, Christus "alltäglich die Ehre zu geben" – in der Monstranz, aber auch im Menschen sei das heilige Sakrament der Eucharistie zu suchen und zu finden.

Schließlich lädt Kardinal Woelki ein zum Niederknien – Fronleichnam sei "ein Tag zum Niederknien" - "zur Anbetung Gottes und für die Würde eines jeden Menschen jeder Hautfarbe". Denn vom Brot für das Leben der Welt, das Christus sei, "leben wir alle wirklich", stellt Kardinal Woelki zum Schluss seiner Predigt fest.

Geschlossene Sakraments-Prozession nach Eucharistiefeier

Nach dem etwa einstündigen Pontifikalamt wird eine kleine, geschlossene Sakraments-Prozession durch einige Straßen der näheren Domumgebung ziehen. Neben dem Kardinal werden also unter Einhaltung der Abstandsregeln nur wenige Vertreter aus Kirche und Stadt daran teilnehmen. Gläubige können sich wegen der besonderen Situation in diesem Jahr nicht anschließen und sich auch nicht entlang des Prozessionsweges versammeln. Die Prozession endet gegen 12.30 Uhr mit einem öffentlichen Gottesdienst im Dom.

Fronleichnam - Feier des "Leib des Herrn" 

Von der Wortbedeutung her meint Fronleichnam – zusammengesetzt aus mittelhochdeutsch vron "Herr" und lichnam "lebendiger Leib" – so viel wie "Leib des Herrn". Katholikinnen und Katholiken weltweit feiern die Gegenwart des Herrn unter uns im Sakrament seines Leibes und Blutes.

Was an Gründonnerstag im Zeichen der Passion Christi begangen werde, das feiern katholische Gläubige am Fronleichnamstag, dem Hochfest des Leibes und Blutes Christi, in festlicher Freude. Papst Urban IV. fügte das Fest 1264 in den kirchlichen Festkalender ein.

Wenn auch der Ursprung des Fronleichnamsfestes im Mittelalter den Schwerpunkt von der Feier der Eucharistie auf die bleibende Gegenwart Christi im Sakrament verlagerte, so wird doch heute wieder bewusst, dass beides zusammengehört. Deshalb stehen die vielerorts üblichen Prozessionen sinnvollerweise in Verbindung mit einer gemeinsamen Eucharistiefeier. Die Umzüge nahmen in Deutschland ihren Anfang. 1277 fand in Köln die erste Fronleichnamsprozession statt. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) sieht in den Prozessionen ein Zeichen für die Kirche als wanderndes Gottesvolk.

Aus: Magnificat. Das Stundenbuch. Juni 2020


Fronleichnam / © Beatrice Tomasetti (DR)
Fronleichnam / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Rainer Maria Kardinal Woelki / © Oliver Berg (dpa)
Rainer Maria Kardinal Woelki / © Oliver Berg ( dpa )
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