DOMRADIO.DE: Was halten Sie davon, große Vermögen zu besteuern?
Marcus Wilp (Mitglied im Bundesvorstand des Bundes Katholischer Unternehmer / BKU e.V.): Als Bund Katholischer Unternehmer wundern wir uns zunächst einmal darüber, dass jetzt überhaupt wieder Steuerdiskussionen angezettelt werden. Die öffentliche Hand hat im ersten Halbjahr 45 Milliarden Euro Überschuss erwirtschaftet, da stellt sich zunächst die Frage, wieso eigentlich noch mehr Steuern eingenommen werden sollen, wenn doch noch nicht einmal die vorhandenen ausgegeben werden.
Im Übrigen: andere Industrienationen wie Frankreich und die USA haben Unternehmenssteuern gesenkt. Und natürlich ist die Vermögenssteuer auch eine Unternehmenssteuer, denn letztlich werden Unternehmen in ihrer Substanz besteuert, auch wenn die SPD das nicht wahrhaben will.
DOMRADIO.DE: In der Schweiz aber zum Beispiel existiert diese Steuer. Man will sich ja außerdem auf die besonders reichen Teile der Gesellschaft konzentrieren. Es geht um Multimillionäre, Milliardäre. Deren Vermögen soll jetzt also mit ein bis 1,5 Prozent versteuert werden. Zehn Milliarden Euro könnten damit eingenommen werden. Das ist doch Geld, mit dem zum Beispiel niedrige Gehälter, wie die in vielen Sozialberufen, heraufgesetzt werden könnten. Ist das nicht in Ihrem Interesse?
Wilp: Der Vergleich mit dem Schweizer Modell ist Käse. Die Schweizer haben eine wesentlich geringere Einkommenssteuer. Zum anderen: Was die SPD unter Superreichen versteht, ist ja erst mal Definitionssache. Das hat sie auch noch nicht verraten. Wir haben bei der Absenkung des Solidaritätszuschlags gemerkt, dass offenbar Einkommen ab 70.000 Euro laut Auffassung der SPD stärker besteuert werden müssen. Insofern würde ich mich darauf nicht verlassen, dass wirklich nur die Superreichen besteuert werden.
Und die Idee, eine Steuer für eine bestimmte Ausgabe zu verwenden, mag vielleicht im Wahlkampf irgendwie charmant sein. Davon halte ich aber gar nichts, denn letzlich fließen alle Steuern in den großen Steuertopf und müssen dann verteilt werden. Natürlich gibt es immer tolle Ideen für tolle Ausgaben.
Aber ich meine, es ist hier der falsche Ansatz, Unternehmen zu besteuern. Wir müssen ja auch sehen, dass Unternehmer ihr Unternehmen als Altersversorgung haben. Das ist hier anders als bei Beamten oder Angestellten. Wenn Sie mal deren Barwerte der Rentenansprüche zu Beginn der Rente kapitalisieren, kommen sie locker auf ein paar hunderttausend Euro und die werden auch nicht besteuert.
DOMRADIO.DE: Trotzdem geht die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland ja unglaublich weit auseinander. Die Vermögenssteuer könnte das aber doch auch positiv beeinflussen oder nicht?
Wilp: Aber doch nicht mit zehn Milliarden! Wenn die SPD es wirklich ernst meint, hier eine Vermögensverteilung vorzunehmen, brauchen wir doch nicht über ein Prozent zu reden. Wir wollen natürlich auch keine höhere Vermögenssteuer. Aber das zeigt doch, dass das Ganze ein Scheinargument ist.
DOMRADIO.DE: Der Bund katholischer Unternehmer sagt aber ja auch: Es geht nicht immer nur allein um Profit der Unternehmer. Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung ist auch sehr wichtig. Sie möchten nachhaltig arbeiten. Haben Sie denn andere Vorschläge, wie man der sozialen Ungleichheit entgegenwirken könnte?
Wilp: Also ich würde eher sagen, wir sollten die Chancengleicheit erhöhen. Wir müssen dafür sorgen, dass jeder die Gelegenheit hat, seinen beruflichen Traum zu verwirklichen, indem wir gute Universitäten schaffen, indem wir gute Voraussetzungen schaffen, dass Menschen auch Lust haben, Unternehmer zu werden.
Aber ich kann Ihnen versichern, mit solchen Gesetzen werden Sie die Lust eher ins Gegenteil verkehren. Je mehr Pflichten und Steuern Sie den Unternehmen aufbürden, desto weniger Leute haben Lust, Unternehmer zu werden. Das wäre unser Ansatz.
Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie wir es schaffen, eine Unternehmenskultur in Deutschland zu haben, dass die Leute Spaß daran haben, Risiko auf sich zu nehmen, Mitarbeiter einzustellen, und dann am Ende auch einen guten Gewinn zu erzielen.
Das Interview führte Verena Tröster.