Kölner Katholikenausschuss fordert Bußgottesdienst im Kölner Dom

"Ein wichtiger Schritt"

Nachdem das Erzbistum Köln weitere Konsequenzen aus der Unabhängigen Untersuchung vorgestellt hat, erkennt der Kölner Katholikenausschuss diesen Zwischenschritt an. Was fehle, sei eine moralisch-ethische Aufarbeitung und ein Bußgottesdienst.

Blick auf den Kölner Dom / © TTstudio (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sind Sie mit den Konsequenzen zufrieden, die das Erzbistum aus der Unabhängigen Untersuchung ziehen will?

Gregor Stiels (Vorstandsvorsitzender des Katholikenausschusses in der Stadt Köln): Wir erkennen das, was da präsentiert wurde, als wichtigen Zwischenschritt an. Das, was wir heute gehört haben an Bemühungen, die kommen sollen, und auch die Verschärfung des Kirchenrechts und die Dinge, die genannt wurden, sind sicherlich wichtige Dinge. Aber es fehlt uns etwas ganz, ganz Entscheidendes. Da fragen wir uns, warum das nicht schon längst seit Bekanntwerden der MHG-Studie gemacht wurde. Uns fehlt tatsächlich die moralisch-ethische Aufarbeitung des ganzen Skandals. Vor allem auch eine Entschuldigung, die einen größeren Rahmen einnimmt, in Form eines Bußgottesdienstes im Kölner Dom. Ein starkes Zeichen. Das ist vollkommen verloren gegangen.

DOMRADIO.DE: Wie schätzen Sie die Maßnahmen ein, die seitens des Erzbistums vorgestellt wurden?

Stiels: Auch hier ist nicht das, was wir brauchen, mit dabei. Das Ganze beschränkt sich wirklich nur auf einen sehr, sehr minimalen Auftrag. Der Auftrag war, eine Aktenlage zu studieren. Wir wissen ja seit dem Gutachten, dass diese Aktenlage sehr dünn in Teilen, in Teilen sogar manipuliert war. Das heißt, man beschränkt sich wirklich sehr. Es ist ein wichtiger Schritt - überhaupt keine Frage. Aber das ist viel, viel, viel zu wenig. Das heißt, dass der andere Teil fehlt. Wir haben schon lange angesprochen, dass die Themen Machtmissbrauch und Klerikalismus, das sind ja bekanntermaßen zwei wichtige Themen, die man behandeln muss, um mit diesem Thema auch zu arbeiten, in den Pastoralen Zukunftsweg mit einfließt. Das ist aber immer wieder verweigert worden, nicht beantwortet worden - ich meine auch: fast verhindert -, dass diese Themen irgendwie auf die Agenda kommen.

DOMRADIO.DE: Aber der Kardinal hat heute gesagt: "Ich werde moralische Verantwortung an- und wahrnehmen und ich werde hier und heute und in Zukunft alles dafür tun, dass möglichst keine Fehler mehr passieren können."

Stiels: An diesen Worten muss man ihn messen, überhaupt keine Frage. Aber ich frage mich, warum hat er es nicht schon längst getan? Da sagt er, er wollte das jetzt abwarten, was im Gutachten kommt. Wir sind der Meinung: Es sind doch Dinge schon längst bekannt. Es sind doch schon Vorgänge bekannt. Die Akten sind doch alle bekannt. Man hätte doch schon längst unabhängig von einem solchen Gutachten handeln können. Da frage ich mich: Warum hat er es nicht getan? Ich frage mich auch noch einmal: Warum reden wir nicht über Machtmissbrauch? Warum reden wir nicht über Transparenz von Macht, über Machtbeschränkung? Warum reden wir nicht über Klerikalismus? Das hätten wir doch schon längst alles tun können. Wenn er sich jetzt hinstellt und sagt, er will es tun. Warum hat er es bis jetzt nicht getan?

DOMRADIO.DE: Sie hinterfragen ganz besonders auch die Rolle der Weihbischöfe. Warum ist das wichtig?

Stiels: Es ist deswegen wichtig, weil wir uns versuchen vorzustellen, wie Abläufe im System unserer Kirche sind und wieso man sowas nicht merkt oder gemerkt hat. Wir wissen, es sind Dinge in die Akten gekommen. Aber wir sind uns sicher: Es gibt auch viele, viele Vorgänge, die nicht in den Akten auftauchen, aber von denen trotzdem Menschen wissen. Auch bei Visitationen, die sind ja sehr wichtig, können wir uns nicht vorstellen, dass man da nicht merkt, wenn jemand mehrfach missbraucht hat oder wenn da Dinge schieflaufen in der Gemeinde, sowas nicht zur Sprache kommt oder man nicht merkt, dass da irgendwas nicht richtig ist. Das sind so Dinge, die stehen nicht in Akten, aber die sind sicherlich vorgekommen. Deswegen wollen wir, dass das, was in Akten zu finden war, erweitert wird durch die Missbrauchsbeauftragten und auch das, was etwa Weihbischöfe erfahren, wenn sie mit Menschen zu tun haben.

DOMRADIO.DE: Der Kardinal sagte, er wolle viele Gespräche führen. Wird es da auch Gespräche mit ihnen geben?

Stiels: Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, was der Kardinal geplant hat, wie er mit wem sprechen will und warum. Er hat gesagt, dass wir achtsam miteinander umgehen müssen. Das würde ich auch so sehen. Allerdings wäre das ein bisschen wenig als Konklusion aus dieser Krise. Es ist immer gut, wenn wir im Gespräch sind, dass wir miteinander im Gespräch sind. Ich bin auch der Meinung, dass der Hirte sich sehr weit von der Herde entfernt hat. Ich weiß gar nicht, ob er es gemerkt hat, wie weit er eigentlich weg ist. Wenn wir mitbekommen, was in den katholischen Pfarrgemeinden und Verbänden so los war gestern auf unserer Vollversammlung, da ist das schon eine weite Ferne und Unverständnis, wie die Bistumsleitung agiert. Ich weiß nicht, ob der Kardinal das weiß. Das sollte er sicherlich erfahren. Und vor allem sollten wir mal gucken: gibt es eine Annäherung? Wenn es zum Gespräch kommt, könnten wir das herausfinden.

Das Interview führte Carsten Döpp. 


Gregor Stiels / © Viola Kick (DR)
Gregor Stiels / © Viola Kick ( DR )
Quelle:
DR
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