DOMRADIO.DE: Welche Idee steckt hinter der Pilgerweg-App?
Hans-Joachim Ditz (Geschäftsführer des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg und Ökumenereferent im Erzbistum Berlin): Es geht um den Pilgerweg für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Das ist ein Projekt des Ökumenischen Rates der Kirchen weltweit. Dieses Programm wurde im Jahr 2013 in Busan aufgerufen. Wir haben uns überlegt, dass wir das mal in einer ganz neuen und anderen Form umsetzen wollen und sind dann - schon vor Corona übrigens - auf die Idee gekommen, das digital zu machen.
DOMRADIO.DE: Vieles läuft in der Corona-Zeit ja digital. Wie funktioniert das dann bei Ihnen?
Ditz: Das ist eine Art Jakobsweg in der Hosentasche. Man macht sich auf den Weg, braucht aber nicht zu schauen, wo man mal eine zeitliche Lücke von zwei Wochen oder so hat, damit man tatsächlich pilgern kann, sondern das ist etwas, was man in den Alltag, ins normale Leben integrieren kann. Das war die Idee dahinter.
DOMRADIO.DE: Wenn man sich auf einen normalen Pilgerweg begibt, dann braucht man einen Rucksack, Wanderschuhe, gutes Material. Das braucht man bei diesem Pilgerweg so nicht, oder?
Ditz: Das braucht man so nicht. Obwohl Laufen auch ein Bestandteil ist. Oder anders formuliert, man sollte rund 30 Minuten Zeit für sich selber haben. Das ist die Idee, die dahinter steckt. Diese Zeit sollte man nach Möglichkeit laufen. Man kann diese Zeit aber auch anders für sich gestalten. Die App misst dann auch die Strecke, die man gelaufen ist und erinnert einen auch daran, wenn man es noch nicht gemacht hat.
DOMRADIO.DE: Es geht um die Themen Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung. Es geht um neue Impulse auch für jeden Einzelnen. Was kann das sein?
Ditz: Bei einem wirklichen Pilgerweg entdeckt man ja unterwegs auch immer alle möglichen Dinge. So ähnlich ist das hier auch. Es gibt jeden Tag einen Impuls, sozusagen einen Stein, den man umdrehen kann und unter dem man etwas entdeckt. Diese Impulse sind jeweils den Themen Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung zugeordnet. Da gibt es Fotos, Ideen, Gedanken, geistliche Impulse, Links zu Videos, also ganz unterschiedliche Formate.
DOMRADIO.DE: Pilger kehren normalerweise auch ein. Sie haben virtuelle Herbergen gewinnen können. Wie muss man sich das vorstellen?
Ditz: Am Wochenende darf man sich ausruhen. Da kommt man wie bei einem analogen Pilgerweg in eine Herberge. Auch hier muss man sich übrigens die Schuhe ausziehen. Es gibt die Möglichkeit, seine Pilgerschuhe zu fotografieren und dann hochzuladen. Dann sieht man, wenn man an eine Herberge kommt, wie viele Menschen schon drin sind.
In der Herberge selber gibt es dann verschiedene Räume. Es gibt ein Café, wo man die anderen treffen kann, sich austauschen kann. Es gibt eine Kapelle, wo man eine Kerze anzünden kann, ein Gebet sprechen kann, auch noch Impulse bekommt. Es gibt eine Bücherei, in der auch weitere Inhalte, Dokumente, Filmchen eingestellt sind.
DOMRADIO.DE: Beim analogen Pilgern trifft man normalerweise auf viele Mitpilger. Was ist bei dieser App möglich? Welche Kontakte kann es da geben?
Ditz: Hier gibt es auch eine Chat-Funktion, sodass man sich miteinander vernetzen kann und sich unterstützen kann.
Es gibt in der App auch eine Herausforderung, die man wöchentlich anklicken kann. Zum Beispiel, dass man auf bestimmte Dinge verzichtet oder dass man sich bemüht, mehr Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen oder nicht mehr so viele Dinge aufschieben will.
Das sind manchmal Herausforderungen, die einem schwer fallen können. Da kann man sich mit anderen austauschen, wie es denen geht, die die gleiche Herausforderung in der Woche gewählt haben.
Das Interview führte Carsten Döpp.