Salomon Korn: Antisemitismus in Deutschland immer dreister

Eine "kritische Zukunft"

​Nach Einschätzung des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Salomon Korn, hat der Antisemitismus in Deutschland an Dreistigkeit zugenommen. Das zeige sich im Hineintragen in die Öffentlichkeit.

Männer mit Kippa / © Markus Nowak (KNA)
Männer mit Kippa / © Markus Nowak ( KNA )

"Der Antisemitismus in Deutschland ist wahrscheinlich insgesamt nicht größer geworden, er war ja immer da, aber er ist dreister geworden", sagte Korn am Mittwochabend in Frankfurt. "Dreister in dem Sinne, dass gerade Menschen aus der Mittel- und Oberschicht, die bisher geschwiegen oder sich nur unter ihresgleichen ausgelassen haben, jetzt damit an die Öffentlichkeit gehen."

Das unterscheide den jetzigen Antisemitismus von dem, was man nach 1945 in Deutschland erlebt habe. "Es wird nicht mehr so viel unter der Decke gehalten, wie das früher der Fall war", sagte der 76 Jahre alte frühere Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Korn fügte hinzu: "Diese zunehmende Dreistigkeit ist nicht weniger gefährlich."

Keine völlig neue Judenfeindschaft

Er glaube zwar "nicht, dass es für Juden in Deutschland keine Zukunft mehr geben wird", betonte Korn. Aber es werde eine "doch kritische Zukunft" sein müssen, weil alles, was sich über die Jahrhunderte an Judenfeindlichkeit angesammelt habe, "nicht ganz weg" sei. "Es zeigt sich immer wieder." Eine völlig neuartige Judenfeindschaft oder einen gänzlich "neuen Antisemitismus" könne er jedoch nicht erkennen.

Korn äußerte sich bei einer Podiumsdiskussion in der Evangelischen Akademie Frankfurt anlässlich des 20. Todestages von Ignatz Bubis (1927-1999). Bubis war am 13. August 1999 verstorben. Er war Präsident des Zentralrats der Juden von 1992 bis 1999. Salomon Korn hatte eng mit Bubis zusammengearbeitet und war mit ihm befreundet.

 

Quelle:
KNA