Ein israelisches Gericht hat am Freitagabend das Urteil einer Vorinstanz aufgehoben, wonach Juden auf dem Jerusalemer Tempelberg beten dürfen, so lange das Gebet still verläuft und nicht gegen Polizeiverordnungen verstößt. Der Minister für öffentliche Sicherheit, Omer Bar-Lev, hatte zuvor gewarnt, einseitige Schritte an dem religiös sensiblen Ort könnten Gewalt aufflammen lassen, wie die Zeitung "Haaretz" (online) berichtet.
Scharfe Kritik am Urteil des Jerusalemer Bezirksgerichts
Die arabische Welt hatte am Donnerstag mit scharfer Kritik auf das Urteil des Jerusalemer Bezirksgerichts reagiert. Es sei "eine sehr gefährliche Entscheidung, eine neue Aggression gegen die Al-Aksa Moschee und eine flagrante Verletzung des Völkerrechts", erklärte etwa der oberste islamische Richter Palästinas, Mahmud Habbasch, in Ramallah. Die radikalislamische Hamas bezeichnete das Urteil als "klare Kriegserklärung" und "unverhohlene Aggression". Sie rief die arabische und muslimische Welt dazu auf, sich an der "Verteidigung" der Stätte zu beteiligen.
Verfahren gegen einen jüdischen Tempelbergbesucher
In dem Verfahren vor dem Bezirksgericht ging es um einen jüdischen Tempelbergbesucher, der an Jom Kippur von der Polizei mit einem 15-tägigen Besuchsverbot belegt wurde. Die zuständige Richterin entschied, dass der Mann weder gegen das Gesetz noch gegen Anweisungen verstoßen habe, da er allein und in einer Weise gebetet habe, die nach außen nicht erkennbar gewesen sei. Ferner wies sie die Darstellung der Polizei zurück, der Mann habe mit seinem stillen Gebet eine Gefahr dargestellt.
Heilige Stätte für Juden, Muslime und Christen
Der Tempelberg ist für Juden, Muslime und Christen eine Heilige Stätte. Bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 befand sich an dieser Stelle der jüdische Tempel, das zentrale Heiligtum Israels. Zahlreiche biblische und religiöse Überlieferungen wie die Erschaffung Adams und Evas, die Opferung Isaaks oder aufseiten des Islam die Himmelsreise Mohammeds werden mit dem Ort verbunden. Der geltende Status quo gestattet Nichtmuslimen den Besuch; öffentliches Gebet ist Muslimen vorbehalten.