Theologe Goertz lobt Papstworte zu Homosexualität

Eine "Wende"

Mit seinen Worten zu homosexuellen Lebensgemeinschaften hat Papst Franziskus jüngst überrascht. Der Moraltheologe Stephan Goertz ist von den Aussagen angetan, seien die Papstworte doch im Vergleich zu der Position seiner Vorgänger neu.

Frau mit Regenbogenfahne / © Sabrina Bracher (shutterstock)
Frau mit Regenbogenfahne / © Sabrina Bracher ( shutterstock )

Mitr seinen Worten habe Papst Franziskus nach Ansicht des Mainzer katholischen Moraltheologe Stephan Goertz eine "Wende" vollzogen. Damit trete er "nun nicht mehr absolut gegen jede Form der rechtlichen Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften auf", sagte Goertz am Freitag im Deutschlandfunk.

Zum Rundschreiben des vatikanischen Staatssekretariats an Bischöfe weltweit von dieser Woche, wonach die Lehre unverändert bleibt und die Papstworte aus dem Zusammenhang gerissen wurden, ergänzte der Theologe: "Das erlebt man eigentlich immer wieder, dass die Kurie in Sorge ist, dass man eine Papst-Äußerung anders verstehen könne, als es in ihrem Sinne ist." Wenn man sich den Text genauer anschaue, würden aber "eigentlich in der Substanz die Äußerungen des Papstes nicht zurückgenommen".

Ein "wichtiger Schritt"

Insgesamt sei es ein "wichtiger Schritt, zu sagen, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften überhaupt rechtlichen Schutz verdienen", betonte der Theologe. "Dann können sie nicht vollkommen in Unordnung sein, wie man in der Vergangenheit immer gesagt hat. Von daher impliziert diese Wertschätzung eines Rechtsinstituts im staatlichen Bereich durchaus eine neue Wertschätzung solcher Verbindungen überhaupt." Er werte den Vorgang als möglichen ersten Schritt zu einer Änderung der allgemeinen Haltung gegenüber solchen Beziehungen.

In der katholischen Kirche ist eine sakramentale Ehe für homosexuelle Paare nicht möglich. "Aber wenn wir sagen: Die gläubige Haltung, aus der heraus ein Paar versucht, die eigene Beziehung zu leben, ist das Entscheidende, ist das Sakramentale, dann könnte man tatsächlich in diese Richtung weiterdenken", so Goertz weiter.

Im Dokumentarfilm "Francesco" des russischen Regisseurs Jewgeni Afinejewski erklärt der Papst, Homosexuelle hätten "das Recht, in einer Familie zu sein". Außerdem spricht Franziskus sich für einen staatlichen Rechtsrahmen für zivile Partnerschaften Homosexueller aus.

Mit Blick auf den Reformdialog Synodaler Weg in der katholischen Kirche sagte Goertz, er verspreche sich beim Thema Sexualmoral, "dass man versucht, in der deutschen Kirche zu einer Haltung in Fragen von Sexualität und Geschlechtlichkeit zu kommen, die auch auf der Höhe des sittlichen Bewusstseins der Katholiken und Katholikinnen in Deutschland sind, und man sich löst von den Fesseln der Vergangenheit, die Wurzeln haben in letztlich antiken und mittelalterlichen Überzeugungen."


Stephan Goertz / © Nicole Cronauge (Bistum Essen)
Quelle:
KNA