Einer der größten Jahrmärkte Deutschlands feiert 650 Jahre

Mit Pilgern fing alles an

Wo man "Pützchen" zu einem kleinen Brunnen sagt, da kann das Rheinland nicht weit sein. Pützchen ist einer der größten und ältesten Jahrmärkte Deutschlands. Am Ursprung im Mittelalter stehen eine Heilige und ihre Wunder.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Trubel auf der Kirmes / © Ina Fassbender (dpa)
Trubel auf der Kirmes / © Ina Fassbender ( dpa )

Es war wie so oft: Das Profane kommt zum Heiligen, setzt sich drauf und erstickt es. Heute ist "Pützchens Markt" der "umsatzstärkste Fünf-Tages-Markt" in Deutschland. Die Traditionskirmes mit bis zu 1,3 Millionen Besuchern ist für viele Bonner und Rheinländer so etwas wie eine sechste Jahreszeit - neben den vier regulären und dem Karneval. Das Spektakel, seit genau 650 Jahren urkundlich belegt, verdankt sich allerdings der Regionalheiligen Adelheid - und einem kleinen Brunnen.

Adelheid von Vilich

Allein der Name sollte schon für Frohsinn bürgen. Wer sagt schon Pützchen zu einem Brünnlein? Rheinisch abgeleitet vom lateinischen "puteus" für "Grube" oder "Brunnen", entstand er der Legende nach, als die heilige Adelheid von Vilich (ca. 970-1015), erste Äbtissin eines bald sehr bedeutenden Benediktinerinnenklosters, während einer Dürre bei einer Bittprozession ihren Äbtissinnen-Stab in die Erde stieß - wo daraufhin eine Quelle entsprang.

Da Adelheid auch eine Wohltäterin der Armen und Kranken war, zogen bald schon Pilger zu ihrem Grab und dem Adelheid-Pützchen, wo sich - natürlich - viele Wunder ereignet haben sollen. Und wo Pilger sind, kommen auch Wirte, Gaukler, Viehverkäufer und sonstige Händler, um sie zu versorgen. Zu der Wallfahrt entstand noch im Mittelalter ein Markt, der in einer Urkunde vom 26. Januar 1367 urkundlich genannt ist.

Zuerst wurden dort rund um die Kirche vor allem Haushaltswaren und "Plunder" gehandelt, also alte Kleider, rheinisch "Pluute" genannt. Dieser Name, "Pluutenmarkt", hat sich bis heute erhalten, ebenso die Funktion. Vor allem seit Anfang des 18. Jahrhunderts setzte sich dann eher der Charakter eines "Rummels" durch.

Pilger zogen zum Pützchen

Die Urkunde von 1367 erwähnt den "Adelheidisborn" lediglich als Ortsangabe für ein Verkaufsgeschäft, das hier getätigt und nun gerichtlich angezeigt wurde. Ob der Brunnen schon damals eine Rolle bei der Wallfahrt spielte, darüber schweigen die Quellen. Doch spätestens seit im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) die Gebeine der heiligen Adelheid bei der Zerstörung der Kirche von Vilich verschwanden, zogen die Pilger fortan zum Pützchen. Ende des 17. Jahrhunderts bauten die Karmeliter dort ein Kloster und eine Wallfahrtskirche.

Im Jubiläumsjahr sind zahlreiche Sonderveranstaltungen geplant; einige haben auch bereits stattgefunden. Auf dem Bonner Münsterplatz gab es im Juli einen historischen Jahrmarkt, eine Festparade der Historischen Gesellschaft Deutscher Schausteller mit alten Zugmaschinen durch die Bonner Innenstadt und eine Ausstellung zur Geschichte von "Pützchens Markt". Unter anderem war die Urkunde von 1367 als Faksimile zu sehen.

Pützchens Markt in Beuel

An diesem September-Wochenende steht nun Pützchens Markt im Stadtbezirk Beuel selbst an. Dann regieren wie immer für fünf Tage Karussells, Geisterbahnen, Autoscooter das Riesenrad als Wahrzeichen - und natürlich ungezählte Kölschstände. Eröffnet wird die Kirmes freitagsnachmittags, zeitgeistig abgekupfert, durch einen Fassanstich des Bürgermeisters im "Bayern-Zelt". Am Montagmorgen laden die Schausteller traditionell Kinder aus den Waisenhäusern der Region zu Freifahrten ein. Und dienstagabends endet der Jahrmarkt mit einem großen Feuerwerk.

In Beuel folgt im Herbst noch ein Bürgerfest. Zum Jubiläum sind auch ein Dokumentarfilm und ein Bildband erschienen. Oberbürgermeister Ashok Sridharan (CDU) freut sich schon: Pützchens Markt gehöre alljährlich zu den Aushängeschildern im Bonner Veranstaltungsprogramm, neben Rhein in Flammen, dem Beethovenfest und dem Weihnachtsmarkt. Und für die Besucher gilt ja ohnehin: "Pützchens Maat is anjesaat."


Bonner mit ihrer Stadtpatronin (KNA)
Bonner mit ihrer Stadtpatronin / ( KNA )
Quelle:
KNA