DOMRADIO.DE: Wenn man das so hört: Einlasskarten für den Gottesdienst, denkt man vielleicht: Wie bitte? Was soll das denn? Warum also das Ganze?
Stefan Koppelmann (Pressesprecher Kirchenkreis Essen): Die Kirchengemeinde Essen Haarzopf hatte im letzten Jahr ein Problem: Die Kirche in Haarzopf ist saniert worden und wurde dann hinterher baubehördlich abgenommen. Dabei wurden der Kirchengemeinde Sicherheitsauflagen gemacht - natürlich nach dem neuen Baurecht, den aktuellen Sicherheitsbestimmungen und den brandschutztechnischen Vorschriften. Die bedeuten ganz einfach: Ihr habt in dieser Kirche 333 Sitzplätze. Liebe Gemeinde, achtet bitte darauf, dass auch nur diese Sitzplätze besetzt werden, dass in den Gängen niemand steht - auch an Heiligabend nicht - dass die Fluchtwege frei bleiben.
Mit dieser Auflage musste die Gemeinde umgehen. Sie hat das im letzten Jahr schon versucht. Es gab viele Helfer an den Eingängen. Und als die 333 Plätze belegt waren, hat die Kirchengemeinde die Kirche geschlossen. Einige standen noch vor der Tür und haben dann in sehr unschöner und unflätiger Weise die Helfer an den Eingangstüren, die teilweise aus der evangelischen Jugend kamen, beleidigt, sind die angegangen in einer relativ üblen Form. Deshalb hat die Kirchgemeinde hinterher überlegt: Wie gehen wir mit dieser Situation um?
DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie mussten im vergangenen Jahr auch die Menschen abweisen?
Koppelmann: Genau. Es gibt sechs Gottesdienste an zwei verschiedenen Gottesdienst-Stätten. Der Platz ist eben begrenzt. Die Kirchengemeinde wollte dieses Risiko nicht eingehen, hat eine Abwägung getroffen zugunsten der Sicherheit der Menschen, die in der Kirche dem Gottesdienst beiwohnen und hat sich dann so entschieden.
DOMRADIO.DE: Wenn ein Gottesdienst so gut besucht ist, könnte das ja auch ein Zeichen dafür sein, dass die Predigt einfach gut ist.
Koppelmann: Erstmal ist der Heiligabend natürlich ein ganz besonderer Tag, an dem wir eine ganz besondere Botschaft kommunizieren. Ich gebe Ihnen völlig Recht, da muss eigentlich jeder willkommen sein. Und die Gemeinde ist ja auch zuversichtlich, dass jeder, der einen Gottesdienst an Heiligabend besuchen will, auch einen Platz in einem der sechs Gottesdienste findet.
Nur: Es gibt eben die Gottesdienste um 16 Uhr und um 18 Uhr - vier Stück insgesamt an zwei verschiedenen Orten. Und die sind im letzten Jahr - und auch in den Vorjahren - überfüllt gewesen. Nach der Renovierung hat die Kirchengemeinde nicht mehr so viele Plätze und muss sich überlegen, wie sie mit dieser Situation umgeht.
DOMRADIO.DE: Das machen Sie jetzt, indem Sie Einlasskarten verteilen. Seit dem ersten Advent machen Sie das und zwar jeweils nach den Gottesdiensten. Was ist die Intention, diese Vergabe so zu regeln?
Koppelmann: Menschen, die schon am ersten, zweiten, dritten oder vierten Advent in die Kirche gehen, haben die Möglichkeit, sich dort eine Einlasskarte zu besorgen. Auch an Menschen, die sich in der Gemeinde engagieren, werden diese Einlasskarten ausgegeben. Dadurch bekommt die Gemeinde einen Überblick und kann auch zu den Menschen dort sagen: Sieh mal, um 16 Uhr ist es schon sehr eng. Da könnte es leicht zu voll werden. Überlegt doch einmal, ob du mit deiner Familie nicht auch in den Gottesdienst um 14.30 Uhr gehen kannst, da gibt es ein Krippenspiel. Es ist derselbe Gottesdienst. So versucht die Gemeinde, die Besucherströme ein wenig zu lenken.
DOMRADIO.DE: Wenn sich jetzt an Heiligabend jemand spontan für einen Gottesdienst entscheiden möchte, was ist mit dem?
Koppelmann: Der müsste wirklich warten, bis die Plätze belegt werden von den Menschen, die ihre Einlasskarten dabei haben. Wenn mit dem Beginn des Gottesdienstes noch Platz ist, kann er sich dort hinsetzen. Plätze, die frei sind, sollen ja auch vergeben werden. Man kann auch Karten zurückgeben. Aber bis dahin muss er erstmal warten. Denn die Gottesdienstbesucher, die sich vorher eine Eintrittskarte besorgt haben, sind im Vorteil. Die werden zuerst berücksichtigt. Aber es ist eben so. Die Gottesdienste sind sehr beliebt. Gerade die um 16 und um 18 Uhr. Die werden voll sein, auch in diesem Jahr.
DOMRADIO.DE: Aber um 23 Uhr kann jeder gehen, oder?
Koppelmann: Da gab auch in der Vergangenheit keine Probleme. Auch der Gottesdienst um 14 Uhr mit Krippenspiel, für die Familien mit kleinen Kindern, ist ein Gottesdienst, in dem es wahrscheinlich Plätze bis zuletzt geben wird. Und um 23 Uhr war das sowieso immer der Fall.
DOMRADIO.DE: Ist das eigentlich ein hoher Verwaltungsaufwand: Karten drucken, Karten abholen lassen? Da muss ja im Pfarrbüro einiges los sein.
Koppelmann: Soweit ich das in den Gesprächen mit der Gemeinde aufgenommen habe, ist dieses System ganz entspannt gelaufen. Es gab auch niemanden, der sofort 30 Karten bestellt hat. Sondern jeder hat für sich und für seine Familie Karten geholt. Ich denke, von daher gibt es da keine Probleme.
DOMRADIO.DE: Gibt es schon Rückmeldungen?
Koppelmann: Einige haben gesagt: Wir finden es nicht gut, dass Menschen, die ohne Eintrittskarte kommen, nicht oder nicht sofort eingelassen werden. Aber insgesamt ist die Stimmung positiv gewesen. Die Menschen haben einfach Verständnis dafür, dass die Kirchengemeinde in dieser Situation mit dem Problem nicht anders umgehen konnte. Wir werden Erfahrungen sammeln. Wir werden die Erfahrungen auswerten. Wir werden schauen: Ist das ein tragfähiges Modell? Es ist das erste Mal, dass es durchgeführt wird.
DOMRADIO.DE: Da könnte jetzt die Befürchtung aufkommen: Wenn jemand beginnt, für irgendeine "Veranstaltung" kostenfreie Eintrittskarten auszugeben, dauert es nicht lange und dann kosten die Geld.
Koppelmann: Das ist ganz ausgeschlossen.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.