Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, sieht das Motto des bevorstehenden Leipziger Katholikentags als Aufforderung zum Handeln - vor allem in der Flüchtlingskrise. "Seht, da ist der Mensch" verweise auf den Gottessohn am Kreuz, der leide, "wie wir leiden", so Schwaetzer am Mittwoch in einem Grußwort zur Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Das ZdK ist zusammen mit dem gastgebenden Bistum Dresden-Meißen Veranstalter des 100. Deutschen Katholikentags, der am Abend beginnt.
Schwaetzer betonte, alle Fragen, die mit der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen zu tun hätten, gingen letzten Endes auf einzelne Schicksale zurück. "Es gibt gar nicht die Flüchtlingskrise, -masse, -schwemme, sondern immer nur Aishe und Achmed." Die Präses rief dazu auf, mit Elan und Zuversicht die anstehenden Herausforderungen zu lösen. Beispielhaft nannte sie die Einstellung von Lehrern, die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum oder die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. "Da ist das Mut machende 'Wir schaffen das!' eher geeignet, Kräfte freizusetzen als die ängstliche Frage 'Wie sollen wir das schaffen?'." Pessimismus sei keine Lösung, betonte die EKD-Präses. Wer ständig von Überforderung rede, "wird sich schnell überfordert fühlen".
Zugleich würdigte Schwaetzer, dass der Austausch mit Konfessionslosen ein Schwerpunkt des Katholikentags ist: "Es ist ganz wichtig, dass dieser Dialog geführt wird, denn er reflektiert die Realität in der Gesellschaft." Diese sei inzwischen deutlich säkularer und multireligiöser geworden. Leipzig als Austragungsort, wo etwa 80 Prozent der Bevölkerung keiner Religion angehören, zeige, dass die wichtigen christlichen Botschaften gemeinsam als Katholiken und Protestanten formuliert werden müssten.
EKD-Präses für Diakonat für die Frau
Schwaetzer verwies in ihrem Grußwort auch auf die Ankündigung des Papstes, die Zulassung von Frauen zur Diakonenweihe prüfen zu lassen. Sie verfolge "fasziniert und sehr gespannt" den Fortgang der Diskussionen, so Schwaetzer. "Für diese Art, die Kirche zu bewegen und auch fortzubewegen, wird Papst Franziskus auch von uns Protestanten hoch geschätzt", so Schwaetzer in dem Grußwort. "Wir wünschen all denen, die sich für das geweihte Diakonat der Frau in der katholischen Kirche einsetzen, dass sie sehr bald Erfolg damit haben", sagte die EKD-Präses gegenüber domradio.de. Allerdings müsse sie daran erinnern, dass es die Ordination von Frauen über viele Jahrhunderte auch in der evangelischen Kirche nicht gegeben habe. Seit ungefähr 50 Jahren sei sie aber eine Selbstverständlichkeit und auch ein Markenzeichen.
Gemeinsames Reformationsjubiläum
Stellvertretend für die EKD hat Schwaetzer die Absicht bekräftigt, den 2017 anstehenden 500. Jahrestag der Reformation ökumenisch und als "Christusfest" zu begehen. Trennungen und Verwundungen zwischen Katholiken und Protestanten sollten dabei nicht ausgeblendet werden, sagte Schwaetzer in dem Grußwort. "Es gilt aber auch, sich darüber zu freuen, dass wir vieles gemeinsam tun können", so Schwaetzer. Als Beispiele nannte sie die für Herbst geplante gemeinsame Israelreise deutscher katholischer Bischöfe und EKD-Ratsmitglieder, einen Versöhnungsgottesdienst im März nächsten Jahres in Hildesheim sowie ein im darauffolgenden September vorgesehenes ökumenisches Fest in Bochum. Gegenüber domradio.de sagte Schwaetzer: "Viele von uns hätten sich vor zwei Jahren noch nicht träumen lassen, dass so viel in der Vorbereitung auf das Jahr 2017 und im Jahr 2017 selbst gemeinsam zwischen Katholiken und Protestanten möglich wäre."
In der angehängten Audio-Datei finden Sie zum Nachhören das gesamte domradio.de-Interview mit Irmgard Schwaetzer.