Frankreich gegen Portugal, so hieß am Sonntag das EM-Finale im Pariser Stade de France. Dort trafen nicht nur zwei Teams aufeinander, die für athletischen Tempofußball stehen. Nicht nur zwei traditionsreiche europäische Kulturnationen - sondern auch zwei Nationen glühender Marienverehrer, die mit Lourdes und Fatima über zwei der meistbesuchten Erscheinungs- und Wallfahrtsorte der Welt verfügen. "Maria hat geholfen", heißt es dort stets - aber wem von beiden mehr?
Am 10. Februar 1638 erließ Frankreichs König Ludwig XIII., der Vater des "Sonnenkönigs", im Schloss von Saint-Germain-en-Laye ein feierliches Schreiben, worin er Maria zur besonderen Schutzherrin erwählte und ihr seine Person, seine Krone und seine Untertanen weihte. "Zugleich flehen wir sie an", so schrieb der König, "sie wolle uns einen heiligen Wandel einflößen und unser Königreich mit solcher Sorgfalt gegen die Anstrengung aller seiner Feinde verteidigen, dass es, mag es die Geißel des Krieges erdulden oder die Süßigkeit des Friedens genießen, den wir von ganzem Herzen von Gott erbitten, nicht abweiche von den Wegen der Gnade, die zu denen der Glorie führen."
Beistand ist Marias Metier
Franziskus, der marienfromme Papst aus Argentinien, ging 2013 sogar noch einen Schritt weiter. Am 13. Oktober, dem Fatima-Tag, weihte er vor der zu diesem Anlass eigens aus Portugal nach Rom gebrachten Statue der Gottesmutter von Fatima die ganze Welt dem Unbefleckten Herz Mariens. 2017, zum 100. Jahrestag der Erscheinungen von Fatima, will Franziskus persönlich in den portugiesischen Wallfahrtsort in der Nähe von Leiria reisen - zum dann amtierenden Europameister?
Dass es keinen Fußballgott gibt, ist hinlänglich bekannt - obwohl es an Gläubigen daran keinen Mangel gibt. Doch Beistand ist schließlich Marias Metier. "Maria Helferin", lateinisch Maria Auxiliatrix, wird schon seit den Kreuzzügen des Mittelalters verehrt. Und einer der zahlreichen Titel der Mutter Jesu (Gottesgebärerin, griechisch Theokotos, lateinisch Dei Genitrix) ist tatsächlich auch "Maria vom Siege", lateinisch Sancta Maria de Victoria. Das Motiv der Siegerin über die Sünde findet sich im 1854 - also kurz vor den Erscheinungen von Lourdes - dogmatisierten Glaubenssatz der Unbefleckten Empfängnis Mariens.
Glaube schon bei Türkenkriegen
Bereits in den Türkenkriegen des 16. Jahrhunderts bezeichnete Papst Pius V. (1566-1572) Maria als Siegerin gegen die Osmanen. Nach der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 über den "Erbfeind der Christenheit" soll er von Maria eine "Vision des Sieges" erhalten haben. Im Jahr darauf legte Papst Gregor XIII. (1572-1585) zunächst den jeweils ersten Sonntag im Oktober als Gedenktag "Unserer Lieben Frau vom Sieg" fest. Bereits 1573 wurde es jedoch in das Fest "Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz" (Rosenkranzfest) umbenannt.
Die Verehrung der "Madonna vom Großen Sieg" verbreitete sich in ganz Europa. Nachdem Prinz Eugen von Savoyen in der Schlacht von Peterwardein 1716 das osmanische Heer bezwungen hatte, wurde der Gedenktag des "Siegreichen Rosenkranzes" als allgemeingültiger Feiertag in den römischen Festkalender aufgenommen.
Nicht erklärbare Wunderheilungen
Auch auf den Philippinen fasste der Glaube an die "Maria vom Siege" Fuß. Im Achtzigjährigen Krieg war sie die Schutzheilige Spaniens während der Seeschlachten von 1646. Die Rosenkranzmadonna wurde 1652 zur Schutzpatronin der Philippinen. Im (außer dem kleinen Osttimor) einzigen katholisch geprägten Land Asiens wird sie seitdem bei allen wichtigen Ereignissen angerufen - auch beim friedlichen, von der Kirche beförderten Sturz der Marcos-Diktatur 1986.
Medizinisch nicht erklärbare Wunderheilungen auf die Fürsprache Marias sind sowohl aus Lourdes als auch aus Fatima überliefert. Aber Fußballwunder? "Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist", meinte einmal Israels Staatsgründer David Ben Gurion. Wohlan also: "Allez les bleus!" und "Schluss mit Sparen!", Portugiesen. Und vielleicht hieß es ja dann nach dem Schlusspfiff auch: Maria hat geholfen.