Entscheidung im Prozess gegen Erzbistum Köln vertagt

Im September geht es weiter

Zum zweiten Mal fordert ein Missbrauchsopfer ein hohes Schmerzensgeld vom Erzbistum Köln. Im Gegensatz zum ersten Prozess könnte die Klägerin nun leer ausgehen. Zweifel über eine Amtshaftung wurden nicht ausgeräumt.

Landgericht und Amtsgericht in Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Landgericht und Amtsgericht in Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Im Schmerzensgeldprozess einer Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln hat das Landgericht Köln die Entscheidung vertagt. Die 57-Jährige, die Pflegekind eines Priesters war und von ihm mehrfach vergewaltigt wurde, verlangt rund 850.000 Euro. Die Kirche hatte der Frau in ihrem freiwilligen System zur Anerkennung des Leids 70.000 Euro gezahlt.

Kernpunkt des Prozesstages am Dienstag war die Frage, ob die Amtshaftung des Erzbistums nicht nur den dienstlichen, sondern auch auf den privaten Bereich eines Priesters umfasst. Das Gericht kam hierzu noch zu keinem Ergebnis und setzte als nächsten Verhandlungstermin den 17. September an.

Taten im Rahmen seines Dienstes ausgeführt?

Der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern ließ erkennen, dass das Erzbistum nur dann als Dienstherr von Priester U. für dessen Taten zu belangen sei, wenn diese im Rahmen seines Dienstes ausgeführt wurden.

Im konkreten Fall habe aber nicht das Erzbistum dem Priester die Obhut über die Klägerin und ein weiteres Pflegekind überlassen, sondern das zuständige Jugendamt. Zwar habe das Erzbistum dem Geistlichen die Betreuung gestattet. Dies sei aber in Form einer genehmigten Nebentätigkeit geschehen, womit keine dienstliche Verpflichtung einhergehe. Zudem erstrecke sich die allgemeine Kontrollpflicht des Bistums auf dienstliche Belange seiner Priester, nicht aber auf Privates.

Landgericht Köln / © Oliver Berg (dpa)
Landgericht Köln / © Oliver Berg ( dpa )

Diese Sicht hatte das Landgericht bereits in einem vorangegangenen Hinweisbeschluss deutlich gemacht. Die Anwälte der Frau argumentieren dagegen, dass ein Priester nach katholischem Selbstverständnis immer im Dienst. Klägeranwalt Eberhard Luetjohann stellte vor Gericht die Frage: "Wann ist der Vergewaltiger Priester und wann ist er nicht Priester?"

Diese Frage wird Teil des nächsten Prozesstages sein. Die Klägerseite hat bis zum 27. August Zeit, zu den strittigen Punkten Stellung zu nehmen. Zudem geht das Gericht dem Vorwurf nach, das Bistum habe von Übernachtungen der damals 12-Jährigen im Priesterseminar gewusst.

U. inzwischen aus Klerikerstand entlassen

Der inzwischen aus dem Klerikerstand entlassene U. wurde 2022 vom Landgericht Köln in einem Strafprozess wegen hundertfachen Missbrauchs unter anderem seiner Nichten zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Dabei kam auch der schon verjährte Fall der Klägerin zur Sprache, die als Zeugin aussagte. U. hatte sie als seine Pflegetochter in den 70er und 80er Jahren unter anderem in seinem Haus über Jahre missbraucht; zwei Schwangerschaften wurden abgebrochen.

Leerer Gerichtssaal im Kölner Landgericht / © Theo Barth (KNA)
Leerer Gerichtssaal im Kölner Landgericht / © Theo Barth ( KNA )

Im vergangenen Jahr hatte das Kölner Landgericht in einem anderen Schmerzensgeldprozess gegen das Erzbistum Köln ein wegweisendes Urteil gefällt: Einem früheren missbrauchten Messdiener, der von der Kirche 25.000 Euro bekommen hatte, sprach es 300.000 Euro zu. Das ist die bislang höchste Schmerzensgeldsumme, die ein deutsches Gericht einem Opfer sexualisierter Gewalt in der Kirche zuerkannt hat.

Erzbistum Köln muss 300.000 Euro an Missbrauchsopfer zahlen

Das Erzbistum Köln muss 300.000 Euro Schadensersatz an einen Missbrauchsbetroffenen zahlen. Das entschied das Landgericht Köln.

Der Betroffene hatte 725.000 Euro Schmerzensgeld sowie 80.000 Euro für mögliche künftige Schäden verlangt. Er hatte bereits 25.000 Euro von der Diözese in Anerkennung seines Leids erhalten. Bei einem ersten Verhandlungstermin Anfang Dezember hatte Richter Stephan Singbartl einen Vergleich vorgeschlagen. Es kam jedoch nicht zu einer Einigung. Der Prozess könnte Vorbildcharakter für weitere Schmerzensgeldklagen gegen die katholische Kirche haben.

Richterhammer mit Rosenkranz / © Jiri Hera (shutterstock)
Richterhammer mit Rosenkranz / © Jiri Hera ( shutterstock )
Quelle:
KNA