Entsetzen nach Anschlag auf Konzerthalle nahe Moskau

"Verurteilen den schrecklichen Terrorangriff"

Mehr als 133 Menschen sind bei einem Anschlag in der Nähe von Moskau brutal getötet worden. Die internationale Anteilnahme ist groß. Doch Russlands Überfall der Ukraine trübt die Solidarität auch wegen Schuldzuweisungen an das Land.

Autor/in:
Alexander Pitz und Oliver Hinz
Ein Mann trauert um die Opfer des Anschlags auf die Crocus City Hall während einer Gedenkveranstaltung in Wladiwostok. / © Guo Feizhou/XinHua (dpa)
Ein Mann trauert um die Opfer des Anschlags auf die Crocus City Hall während einer Gedenkveranstaltung in Wladiwostok. / © Guo Feizhou/XinHua ( dpa )

Der terroristische Anschlag auf eine Konzerthalle nahe Moskau mit mindestens 133 Toten hat international für Entsetzen und Anteilnahme gesorgt. Auch die deutsche Regierung meldete sich zu Wort. Auf der Online-Plattform X schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Samstag: "Wir verurteilen den schrecklichen Terrorangriff auf unschuldige Konzertbesucher in Moskau. Unsere Gedanken sind mit den Angehörigen der Opfer und allen Verletzten."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich ebenfalls entsetzt. Die Bilder aus Moskau von Attentätern, "die wahllos auf Konzertbesucher feuern, sind schrecklich", zitierte ihn eine Sprecherin auf X. "Mein Mitgefühl gilt den Familien der Ermordeten sowie den vielen Verletzten." Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fügte in einer Erklärung hinzu: "Wenn sich ein Anschlag des 'IS' bestätigt, zeigt es erneut, wie ernst die globale Bedrohung durch islamistischen Terror zu nehmen ist."

IS bekennt sich mehrfach

Medienberichten zufolge waren am Freitagabend mehrere Bewaffnete vor Beginn eines Konzerts in die "Crocus City Hall" nahe der russischen Hauptstadt eingedrungen und hatten auf die Besucherinnen und Besucher geschossen. Laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS wurden bei dem Angriff mehr als 130 Menschen getötet.

Ein regionaler Ableger der Terrororganisation "Islamische Staat" reklamierte den Anschlag durch seine berüchtigte Medienagentur Amak für sich. Über die entsprechenden Internetkanäle brüstete sich die Terrormiliz damit, "eine große Versammlung von Christen in der Stadt Krasnogorsk" angegriffen zu haben. Während westliche Experten das Bekennerschreiben für authentisch halten, hält sich die russische Regierung mit einer Bewertung zurück. 

Politische Instrumentalisierung

Präsident Wladimir Putin brachte indes eine mögliche Verwicklung des Nachbarlandes Ukraine ins Spiel, gegen das Russland seit Jahren Krieg führt. In einer TV-Ansprache sagte er, vier der inzwischen elf festgenommenen Männer, die mutmaßlich für den Anschlag verantwortlich sind, hätten versucht, über die Ukraine zu fliehen. Die ukrainische Regierung wies Spekulationen über eine Beteiligung an dem Terrorangriff vom Freitagabend zurück und warf ihrerseits Russland vor, ihn politisch zu instrumentalisieren.

Unterdessen forderte der UN-Sicherheitsrat eine Aufklärung des "feigen und abscheulichen Terroranschlags". Täter, Drahtzieher, und Geldgeber müssten zur Rechenschaft gezogen werden, hieß es in einer Erklärung des Gremiums mit Sitz in New York. Alle Staaten seien aufgefordert, dabei aktiv mit der russischen Regierung zusammenzuarbeiten.

Weltweit kondolieren Kirchenvertreter

Mehrere Kirchenvertreter äußerten sich ebenfalls betroffen. Moskaus katholischer Erzbischof Paolo Pezzi sprach den Angehörigen der Anschlagsopfer sein Beileid aus. "Heute sind unsere Herzen voller Entsetzen und Schmerz, aber wir sollten nicht vergessen, dass unser Leben und das Leben aller Menschen in Gottes Hand liegt", erklärte Pezzi auf der Website des Erzbistums. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. teilte mit, er sei zutiefst erschüttert und beklagte "Zynismus" und Grausamkeit des Angriffs. Das Kirchenoberhaupt zeigte sich überzeugt, dass die Behörden den Anschlag aufklären und die Verantwortlichen vor Gericht stellen werden.

Präsident Putin erklärte den Sonntag zum "Tag der landesweiten Trauer". Er versicherte überdies, alles zu tun, um zu verhindern, "dass die Hintermänner dieses Blutbads ein neues Verbrechen begehen".

Beileid aus der Politik

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, sein Beileid gelte "den Opfern und ihren Familien, die jetzt trauern und um die Verletzten bangen". Wichtig sei, die Hintergründe schnell aufzuklären. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb auf X: "Wir verurteilen feigen, unmenschlichen Terror - an jedem Ort. Den Menschen in Russland gilt unser Mitgefühl." 

Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter warnte davor, die Ukraine in Verbindung mit dem Terroranschlag in Moskau zu bringen. "Es kommt jetzt darauf an, die Tat aufzuklären und nicht den Falschmeldungen, die gezielt in Richtung Ukraine gestreut wurden, Glauben zu schenken", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Samstag). Es wäre nicht der erste Anschlag in Russland durch Islamisten, erklärte er.

Auch international sorgte der Anschlag für Entsetzen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb auf X, der Terror habe sich ein weiteres Mal gegen wehrlose Menschen gerichtet. UN-Generalsekretär António Guterres hatte den Hinterbliebenen am Freitagabend sein Beileid ausgesprochen.

Experte: Intensivierung des Krieges?

Der Bonner Sicherheitsexperte Frank Umbach bezeichnete Mutmaßungen von russischen Stellen, hinter dem Angriff könne die Ukraine stecken, als "unsinnig". "Von der strategischen Interessenlage der Ukraine macht das überhaupt keinen Sinn", sagte er am Samstag dem Fernsehsender "phoenix".

Terroranschläge würden den Zielen Kiews völlig widersprechen. "Die Ukraine würde dann die Unterstützung im Westen verlieren", sagte der Wissenschaftler der Universität Bonn. Er befürchtet als Folge des Anschlags eine Intensivierung des russischen Krieges in der Ukraine.

Quelle:
epd , KNA