Erinnerung an Anschlag auf Synagoge in Halle

Mehr Straftaten

Politikerinnen und Politiker erinnern an den Anschlag auf die Synagoge in Halle vor drei Jahren. Jahrestage seien für Betroffene "oft besonders schmerzhaft", sagte der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober, am Samstag.

Autor/in:
Paula Konersmann
Gedenken an die Opfer des Anschlags von Halle (Archiv) / © Hendrik Schmidt (dpa)
Gedenken an die Opfer des Anschlags von Halle (Archiv) / © Hendrik Schmidt ( dpa )

Es sei wichtig, gerade zu diesen Anlässen "die Getöteten und alle zu würdigen, die durch diese sinnlose von Antisemitismus und Rassismus getriebene Tat unermessliches Leid erfahren haben". Die Landesopferbeauftragte Gabriele Theren betonte, es sei wichtig, die Erinnerung an die "schreckliche Tat" wachzuhalten. Sie habe die Hoffnung, dass dadurch auch das Bewusstsein für "gruppenbezogene Hasskriminalität" geschärft werde.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Lamya Kaddor, forderte einen besseren Schutz für jüdische Einrichtungen. Auch müssten bestehende Lücken im Opferentschädigungsgesetz geschlossen werden. Es sei inakzeptabel, dass Jüdinnen und Juden hierzulande Angst hätten, "das Bekenntnis zum Glauben offen zu tragen. Antisemitismus und Rassismus dürfen keinen Platz in einer offenen Gesellschaft haben“, so Kaddor.

Mehr judenfeindliche Straftaten

Unterdessen beobachten die Sicherheitsbehörden in Sachsen-Anhalt eine Zunahme judenfeindlicher Straftaten, wie die "Mitteldeutsche Zeitung" berichtet. Habe die Polizei dort im Jahr 2019 noch 70 solcher Straftaten registriert, stiegen die Deliktzahlen laut Landesinnenministerium in den Folgejahren erst auf 87, dann auf 111. Im laufenden Jahr zeichne sich erneut ein leichter Anstieg ab, so das Ministerium.

Überwiegend handele es sich demnach um Volksverhetzung, Sachbeschädigung und Beleidigung. "Die Vorfälle werden von den Betroffenen offener, aggressiver erlebt", sagte der Ansprechpartner der Landesregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Wolfgang Schneiß. Zugleich beschrieben Betroffene die Vorfälle als "alltägliche Phänomene". Die Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie hätten als "Beschleuniger gewirkt.

Forderung nach erhöhter Wachsamkeit

Am 9. Oktober 2019 hatte ein Rechtsextremist versucht, in die Synagoge einzudringen, um ein Massaker anzurichten. Zu der Zeit waren mehr als 50 Menschen dort versammelt, um den jüdischen Feiertag Jom Kippur zu begehen. Als dem Täter das nicht gelang, erschoss er eine Passantin und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss einen Mann. Der Täter ist inzwischen unter anderem wegen Mordes verurteilt.

Der Anschlag "fordert uns alle zu erhöhter Wachsamkeit heraus", mahnte Schneiß. Er erlebe seither ein höheres Problembewusstsein. "Es hat viele starke Zeichen gerade aus der Zivilgesellschaft gegeben. Die brauchen wir weiterhin."

Glockenläuten und Schweigeminute

Am Sonntag erinnern die Stadt Halle und ihre jüdische Gemeinde gemeinsam an den Anschlag. Zum Zeitpunkt des Beginns des Anschlags um 12.03 Uhr werden stadtweit die Kirchenglocken läuten. Nach einer Schweigeminute in der Synagoge werden der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Max Privorozki, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sowie Bürgermeister Egbert Geier (SPD) an die Ereignisse erinnern.

Meldestelle: "Antisemitismus ist kontinuierliches Problem"

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) hat in Berlin für 2021 insgesamt 1.052 antisemitische Vorfälle dokumentiert. Davon waren 22 Angriffe, 43 gezielte Sachbeschädigungen, 28 Bedrohungen, 895 Fälle verletzenden Verhaltens sowie 62 Massenzuschriften, wie aus einem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Bericht hervorgeht. Erstmals seit Beginn der Dokumentation im Jahr 2015 seien auch zwei Angriffe dabei gewesen, die mit "extremer, potentiell tödlicher Gewalt" einhergingen.

Hakenkreuz-Schmierereien an einer Schule / © Jochen Lübke (dpa)
Hakenkreuz-Schmierereien an einer Schule / © Jochen Lübke ( dpa )
Quelle:
KNA