Erstes Fazit des Papstbesuchs im Myanmar

Unter der Oberfläche gärt es

Mit Franziskus hat erstmals ein Papst Myanmar besucht. Er wollte die katholische Minderheit stärken, hatte aber auch eine Botschaft für das immer noch gespaltene Land im Gepäck: Die Stärkung der Menschenrechte.

Autor/in:
Roland Juchem
Papst Franziskus in Myanmar / © Osservatore Romano (dpa)
Papst Franziskus in Myanmar / © Osservatore Romano ( dpa )

Papst Franziskus in einem immer noch zerissenen Land: Myanmar. Der Gottesdienst mit der Jugend am Ende seines dreitägigen Aufenthaltes dort war sicherlich der emotionalste Moment seiner Reise: Seit dem frühen Donnerstagmorgen schon haben an die 5.000 Jugendliche in der Marienkathedrale von Rangun und auf dem Gelände davor ausgeharrt. Die Bankreihen in der neugotischen, farbig bemalten Backsteinkirche sind gefüllt mit jungen Menschen der verschiedenen Volksgruppen Myanmars in Trachten: Shan, Kachin, Karen und andere.

In seiner Predigt zeigt der Papst, wie er die Menschen gewinnen will: Erst den Rücken stärken, dann mit einem Auftrag versehen: "Ihr seid eine gute Botschaft, weil ihr konkrete Zeichen des Glaubens an Jesus Christus seid", sagt er. Und fordert die jungen Leute auf, den Glauben ehrlich zu bezeugen, sich Gehör zu verschaffen: "Ich will, dass ihr laut ruft – aber nicht mit dem Mund – sondern mit eurem Leben, mit dem Herzen, so dass ihr Zeichen der Hoffnung seid für die Mutlosen", eine ausgestreckte Hand für Kranke, ein einladendes Lächeln für Fremde, eine Stütze für Einsame.

Einheit in Verschiedenheit

In ihren Trachten und einem Gesang, der Myanmars größte Kirche spielend ausfüllt, bieten die Jugendlichen ein treffendes Bild dessen, was oft als Thema der Reise zitiert wird: "Einheit in Verschiedenheit". Sie zu fördern stehe die katholische Kirche bereit, hatte der Papst seinen buddhistischen Gesprächspartnern tags zuvor zugesagt. Und auch der Oberste Rat der Buddhisten des Landes, der "Sangha Maha Nayaka", versprach, seinen Teil dazu beizutragen, dass Religion nicht missbraucht werde und an einem gerechten, friedvollen Myanmar mitbaue.

Doch unter der Oberfläche gärt es; das ist auch auf der Reise zu spüren. Wenn der Präsident des staatlichen Sangha-Rates, Bhaddanta Kumarabhivamsa, "Terrorismus und religiösen Extremismus" als "böswillige Interpretation der ursprünglichen Lehren der jeweiligen Religion" verurteilt, wird ihm jeder zustimmen. Dass viele im Land bei "Extremisten " an stolze, ultranationalistische Mönche denken und bei "Terrorismus" an die Rohingya und die Lage im Bundesstaat Rakhine, rührt sofort an die Spannungen im Land.

Deutlich – auch ohne "R"-Wort

Dass der Papst in Myanmar – anders als vor Wochen in Rom - das Wort "Rohingya" nicht in den Mund nimmt, sei auf Bitten der Kirche vor Ort geschehen, bestätigt Vatikansprecher Greg Burke bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am Mittwochabend. Diese Reise diene dem Aufbau der gerade begonnenen diplomatischen Beziehungen zwischen Vatikan und Myanmar sowie der Ermutigung der kleinen katholischen Gemeinschaft im Land. Franziskus' Reisen ins katholische Kolumbien oder nach Lesbos sei etwas anderes gewesen. Natürlich könne man die diplomatische Zurückhaltung kritisieren, wie das etwa Amnesty International tut. "Aber die moralische Autorität des Papstes bleibt bestehen", ist sich Burke sicher.

Auch ohne das "R-Wort" wurde Franziskus bereits bei seiner ersten öffentlichen Rede im Konferenzzentrum von Naypyidaw sehr wohl deutlich. Er sprach nach De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi, die zuvor schon die "schwierige Lage in Rakhine" erwähnte. In dem Kontext sind die Formulierungen des Papstes mehr als deutlich: Er sprach von der internationalen "Verpflichtung des Landes", die Grundprinzipien der Menschenrechte zu wahren und einzuhalten. Und zwar unter "jeder ethnischen Gruppe und ihrer Identität" sowie einer demokratischen Ordnung für jeden "Einzelnen und jede Gruppe – niemand ausgeschlossen". Schließlich seien "die Rechte aller zu garantieren, die dieses Land als ihr Zuhause ansehen". Das tun auch die Rohingya.

Doch viele in Myanmar, nicht nur das Militär, sprechen ihnen genau dieses ab.

In Bangladesch erwartet den Papst kein solch schwieriges diplomatisches Parkett. Allerdings hat die Kirche in dem zunehmend islamisierten Land einen schwierigen Stand. Am Mittwoch wurde ein katholischer Priester als verschwunden gemeldet. Dass die Regierung am selben Tag Todesurteile gegen 139 Menschen bestätigte, macht den Besuch des erklärten Gegners der Todesstrafe, Franziskus, nicht einfacher.


Quelle:
KNA
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