Er äußerte sich in einem Interview der "Bild"-Zeitung" (Donnerstag). Der Hauptteil des Nachlasses wie Bücher und Manuskripte ging nach Regensburg ins Institut Benedikt XVI. Ein kleinerer Teil bleibe im Vatikan, zum Beispiel Briefwechsel mit seinem Vorgänger.
Schmerz und eine "große Leere"
Ihm selbst habe der emeritierte Papst einen Tabernakel für seine neue Wohnung geschenkt, sagte Gänswein. "Dazu einige Erinnerungsstücke, zum Beispiel eine Holzfigur des Kirchenvaters Augustinus, der sein erster großer Lehrer war, diese steht jetzt in meiner Kapelle." Hinzu komme ein "sehr schönes Holzkreuz", das Benedikt vor Jahrzehnten selbst geschenkt bekommen habe.
Gut zwei Monate nach dem Tod des früheren Papstes fühle er Schmerz und eine "große Leere", sagte Gänswein der Zeitung. Zugleich betonte er: "Mit den Augen des Glaubens bin ich im Frieden. Ich habe Papst Benedikt bis an die Pforte des Himmels begleitet. Ich hoffe, Petrus hat ihm aufgemacht." Benedikt sei jetzt dort, wo er hinwollte: "in der Freude des Glaubens". Das sei ein großer Trost für ihn, bekannte Gänswein. Bisher habe er für Benedikt gebetet, jetzt bete er zu ihm.
Der 66-Jährige hatte am Dienstagabend in München sein nun auch auf Deutsch im Herder-Verlag erschienenes Buch "Nichts als die Wahrheit. Mein Leben mit Benedikt XVI." vorgestellt.
Gänswein sprach mit Benedikt über neues Buch
Erzbischof Georg Gänswein hat kurz vor dem Tod des früheren Papstes Benedikt XVI. noch mit ihm über sein neues Buch gesprochen. Das sei im Oktober gewesen, sagte Gänswein in dem Interview weiter. Benedikt war an Silvester vergangenen Jahres gestorben.
Benedikt habe gefragt, warum sein langjähriger Sekretär dieses Buch plane. "Ich sagte: Nach Ihrem Tode werden Publikationen erscheinen, die wohl alles Mögliche behaupten - deshalb halte ich es für wichtig, dass ich meine Stimme erhebe, die aus nächster Nähe berichten und berichtigen kann."
Im Interview erklärte Gänswein, er habe Joseph Ratzinger gesagt, dass er ihn "wie noch nie zuvor" habe leiden sehen, weil man ihm einen Vorwurf gemacht habe, der nicht stimme. "Der Vorwurf, von dem ich sprach, war, dass er ein Lügner sei. Wer Papst Benedikt auch nur ein wenig kennt und die Lauterkeit seiner Person, kann sich vorstellen, wie ihn das zutiefst erschüttert hat."
Vorwürfe gegen Benedikt XVI.
Hintergrund ist das Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München und Freising von 2022, das auch Benedikt XVI. belastet: Als Münchner Erzbischof (1977-1982) habe er sich in vier Fällen fehlerhaft verhalten. Völlig gefehlt habe die Sorge um die Opfer. Zudem erwies sich eine Aussage Benedikts XVI. zu einem besonders brisanten Fall eines Wiederholungstäters als falsch. Betroffenenvertreter reagierten entsetzt, die Medien mit teils ätzender Kritik. Benedikt XVI. musste sich persönlich erklären.
Gänswein sagte in dem Interview, dass vier vertrauenswürdige Personen um juristische Hilfe gebeten worden seien. Einer davon sei in der Vorbereitung ein Fehler unterlaufen. Es ging um eine Sitzung des Ordinariats am 15. Januar 1980, bei der Ratzinger sich nicht mehr erinnert habe, ob er dabei gewesen war oder nicht. "Die Person, die das bearbeitet hatte, hat sich da geirrt, zwei Sitzungen durcheinandergebracht."
Benedikt habe darauf bestanden, "sofort öffentlich zu korrigieren", so Gänswein. Zu dem Zeitpunkt sei der Vorwurf der Lüge allerdings schon in der Welt gewesen. "Was völlig unterging: dass das Gutachten dem Papst in keinem der Fälle Schuld nachweisen konnte."