Erzbischof Gössl wendet sich an Missbrauchsbetroffene

"Ein schweres Erbe"

Die Zeit, in der der "Deckmantel des Schweigens" über Missbrauch gelegt wurde, ist für Erzbischof Herwig Gössl vorbei. Er bietet Betroffenen ein persönliches Gespräch an und räumt ein, die Dimensionen unterschätzt zu haben.

Erzbischof Herwig Gössl (m.) / © Katharina Gebauer (KNA)

Nach Ansicht des Bamberger Erzbischofs Herwig Gössl ist der frühere Umgang mit Missbrauchsfällen in der Kirche bis heute belastend.

Früher habe es den vielzitierten "Deckmantel des Schweigens" tatsächlich gegeben - "und er ist ein schweres Erbe für uns", sagte Gössl in einem am Freitag zunächst online veröffentlichten Interview des "Fränkischen Tags". Er wolle heute aber alle Betroffenen ermutigen, sich zu melden: "Auch ich persönlich stehe jedem Betroffenen, der das wünscht, für ein Gespräch zur Verfügung."

Blick auf den Bamberger Dom / © cytoplasm (shutterstock)

Die Zeiten, in denen Täter gedeckt und Taten vertuscht worden seien, seien im Erzbistum Bamberg definitiv vorbei, so der Erzbischof. Er räumte aber ein, die Ausmaße unterschätzt zu haben, als die ersten Fälle vor 15 Jahren öffentlich geworden seien: "Ich ging damals davon aus, dass das schreckliche Einzelfälle sind. Es überstieg meine Vorstellungskraft, dass es auch bei uns im Erzbistum Missbrauchsfälle geben könnte." 

Das habe sich dann geändert, als die ersten Vorwürfe vor Ort bekannt geworden seien. Doch er frage sich noch immer, wie Priester, die ihr Leben der Nachfolge Jesu gewidmet hätten, sich an Kindern vergehen könnten.

"Tun alles für die Aufarbeitung"

Das Erzbistum Bamberg tue heute alles für die Aufarbeitung, was in seinen Möglichkeiten stehe, zeigte sich Gössl überzeugt. Er verwies auf die MHG-Studie von 2018 sowie auf die Aufarbeitungsstudie im Erzbistum Bamberg, die bis 2026 läuft. "Die Forscher bekommen volle Einsicht in alle Archivdokumente", betonte der Erzbischof. 

Zudem gebe es im ganzen Erzbistum umfassende Präventionsmaßnahmen, um zukünftige Fälle möglichst zu verhindern. "Ob damit tatsächlich alles Mögliche getan ist, müssen vermutlich künftige Generationen bewerten."

Geschichte des Erzbistums Bamberg

Auf der Reichssynode in Frankfurt, die am 1. November 1007 begann und die von acht Erzbischöfen und 27 Bischöfen besucht war, erwirkte König Heinrich II., der 1014 die Kaiserwürde erlangte, die Gründung des Bistums Bamberg aus Teilen von Würzburg und Eichstätt. Noch auf der Synode wurde Eberhard, des Königs Kanzler, vom Mainzer Erzbischof Willigis zum Oberhirten des neuen Grenzlandbistums geweiht. Ebenfalls noch auf der Synode wurde dem Bistum reiche Schenkungen verbrieft, um es auf eine solide Basis zu stellen.

Bamberger Reiter / © Andreas Zerndl (shutterstock)