"Die Bundesrepublik unterhält aus guten Gründen weder zu den Taliban in Afghanistan noch zum Assad-Regime in Syrien diplomatische Kontakte. Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien sind daher - aus praktischen und grundsätzlichen Erwägungen - überaus kritisch zu betrachten", sagte der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Dienstag in Bonn.
Keine Bedrohung durch Folter und Todesstrafe im Herkunftsland
Wer Straftaten begehe, müsse nach Recht und Gesetz bestraft werden. "Dies betrifft selbstverständlich auch Personen, die in Deutschland keinen dauerhaften Aufenthaltstitel haben und die hier für Straftaten verurteilt werden", betonte der Hamburger Erzbischof. Da jeder Tatverdächtige Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren habe, stelle sich die Frage einer Abschiebung erst nach der rechtskräftigen Verurteilung.
"Die Rückführung eines verurteilten Straftäters ins Herkunftsland ist nur dann sinnvoll, wenn ein Abkommen zur gegenseitigen Vollstreckung von Strafen besteht", erklärte Heße. Andernfalls sei nicht sichergestellt, dass der Straftäter auch tatsächlich bestraft werde.
Außerdem müsse ausgeschlossen werden, dass im Fall einer Abschiebung Folter oder die Todesstrafe drohten. Die allgemeinen Menschenrechte gälten auch für Straftäter.
Stimmen aus der Politik für Abschiebung
Die Debatte um die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan war unter dem Eindruck der tödlichen Attacke auf eine islamkritische Kundgebung in Mannheim befeuert worden. Ein Afghane hatte auf dem Marktplatz ein Messer gezogen und sechs Menschen verletzt. Ein 29 Jahre alter Polizist, der zur Hilfe geeilt war, starb später an seinen Verletzungen. Die Ermittler vermuten ein islamistisches Motiv für die Tat.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sich für Abschiebungen nach Afghanistan ausgesprochen. Laut einem Bericht des "Spiegel" (Sonntag) führt die Bundesregierung Gespräche mit Usbekistan, um Abschiebungen von Deutschland nach Afghanistan ohne direkte Absprachen mit den Taliban zu ermöglichen.
Heße sagte: "Meine Gedanken und Gebete gelten dem getöteten Polizisten von Mannheim und seinen Angehörigen. Wir haben ein Recht, das von jedem respektiert werden muss - unabhängig von Herkunft und Status."