Erzbischof Koch fordert europäische Wertedebatte

"Ängste wegen Zuwanderung ernstnehmen"

Berlins Erzbischof Heiner Koch hat Verständnis für die durch die Zuwanderung ausgelösten Ängste geäußert. "Wir müssen sie ernst nehmen, sofern sie nicht rassistisch sind", sagte Koch in Berlin.

Erzbischof Heiner Koch und Ulrike Kostka / © Gregor Fischer (dpa)
Erzbischof Heiner Koch und Ulrike Kostka / © Gregor Fischer ( dpa )

"Wir dürfen aber nicht dabei stehen bleiben", betonte er bei einem Treffen haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiter in Caritas und Seelsorge des Erzbistums Berlin. "Nach dem Brexit und vor den erneuten österreichischen Präsidentschaftswahlen" müsse Europa verstärkt eine Auseinandersetzung über seine Werte und Grundüberzeugungen führen.

"Integration steht erst noch bevor"

Koch verteidigte die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom vergangenen September, die Grenzen für die Balkanflüchtlinge zu öffnen. Dieser Schritt sei "als emotionaler Weckruf dringend notwendig" gewesen, so der Erzbischof. Ein solches klares Zeichen könne aber nicht weitere politische Entscheidungen ersetzen, welche strukturellen Konsequenzen aus der Aufnahme von Flüchtlingen zu ziehen seien. "Die eigentliche Aufgabe der Integration steht erst noch bevor", sagte Koch.

Die Berliner Caritasdirektorin Ulrike Kostka rief die Politik zur weiteren Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in der Flüchtlingshilfe auf. Auch in Zukunft könne die Integration von Zuwanderern nur durch bürgerschaftliches Engagement gelingen. Vor allem Metropolen wie Berlin müssten mit unerwartetem Zustrom von Migranten rechnen.

Mehr Studienplätze in sozialen Bereichen?

Kostka betonte, durch die Kooperation bei der Flüchtlingshilfe vor dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) seien im vergangenen Jahr neue Partnerschaften zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft gewachsen und müssten "nachhaltig werden". So hätten viele Berliner "ihre soziale Berufung entdeckt" und bräuchten Studienplätze in solchen Berufsfeldern.

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt hob bei der Veranstaltung die Grenzen der Behörden in Krisen wie einem Flüchtlingszustrom hervor. Die Verwaltungen dürften nur nach Vorschrift handeln und seien in solchen Fällen "schnell überfordert".

Der Berliner Grünen-Politiker Oliver Schruoffenegger mahnte, die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement für Flüchtlinge weiter wertzuschätzen und von der Notversorgung zur Integrationshilfe umzulenken.


Quelle:
KNA