domradio.de: Gab es heute Verwechslungsgefahr mit dem richtigen und dem falschen Bischof?
Erzbischof Heiner Koch (Erzbischof von Berlin): Mein "Kollege" war schon prächtig angezogen. Ich war aber sehr froh, dass er wirklich als Bischof gekleidet war und nicht als halber Weihnachtsmann zusammengeschminkt wurde.
domradio.de: Die Aktion findet schon zum 15. Mal vom Bonifatiuswerk statt. Das Bewusstsein vom heiligen Nikolaus soll gestärkt werden, im Gegensatz zum Weihnachtsmann mit langem Bart. Aber warum ist der Nikolaus als Symbol für uns als Christen wichtig?
Koch: Wir dürfen uns den Nikolaus nicht entreißen lassen. Es war ein ganz bedeutender Heiliger, der in einer wichtigen Zeit gelebt hat. Er ging in die Öffentlichkeit und scheute keine Auseinandersetzung. Vor allem hat er verstanden, wie er die Liebe Gottes den Menschen nahe brachte. Der heilige Nikolaus lebte in Myra, in einer Stadt, in der die Menschen nicht viel von Gott wussten. Gerade hier in Berlin ist das ein wirklich guter Ort, denn wie in Myra wollen auch hier viele Menschen von Gott nichts hören. Von diesem Brauchtum geht eine Botschaft des Glaubens aus. Das ist eine riesen Chance und dagegen ist der Weihnachtsmann hohl und leer.
domradio.de: 120 Schüler des Canisius-Kollegs waren dabei. Spielt der Hintergrund für die Kinder überhaupt eine Rolle?
Koch: Sie wussten sehr viel vom Heiligen Nikolaus. Die Kinder waren sehr wach dafür und irgendwann kam die Parallele zu mir als Bischof. Ich war auch mit meinen Insignien da. Wir haben uns darüber unterhalten, wie der Bischof Nikolaus gewirkt hat und wie ich jetzt versuche, in Berlin Bischof zu sein. Kinder sind für die Botschaft des Nikolaus sehr offen.
domradio.de: Bei der Aktion geht es nicht nur um die Symbole, es gibt auch ein Motto. In diesem Jahr handelt es sich um Kinderarmut. Ist das auch ein Thema in Berlin?
Koch: Das ist ein großes Thema hier in Berlin, vielleicht sogar größer als in anderen Städten. In Berlin leben viele verschiedene Nationalitäten, aber auch viele deutsche Kinder leben in Berlin in Armut. Es gibt über 100.000 Alleinerziehende in der Stadt, dazu kommen die Flüchtlingsfamilien und oftmals auch einzelne Flüchtlingskinder. Das bringt schon viel Armut hervor, weit mehr als die materielle Armut. Beispielsweise kein Zuhause zu haben, allein oder orientierungslos zu sein. Es ist ein brennendes Thema, sowohl in der Politik als auch im caritativen Engagement und sicher nicht nur in Berlin.
domradio.de: Was können Sie sich selbst denn von Bischof Nikolaus abschauen?
Koch: Auf jeden Fall den Mut, mit einem klaren Profil des Glaubens in die Öffentlichkeit zu gehen und für Gott einzutreten. Wir müssen dankbar sein für das Brauchtum, was uns geschenkt wurde. Hier im Osten Deutschlands sind viele Brauchtümer abgewirtschaftet worden, beispielsweise St. Martin, das Dreikönigssingen oder der Adventskranz. Ich bin froh, dass es diese Brauchtümer gibt. Gerade über Kinder kommen die Botschaft und das Brauchtum wieder in die Stadt und die Region. Wir dürfen sie uns nicht aus der Hand reißen lassen und zum Beispiel zu Coca-Cola-Männer degradieren.
Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.