DOMRADIO.DE: In Indien sind die Hindu-Nationalisten auf dem Vormarsch. Jetzt ist es zu einem Streit der Religionsgemeinschaften gekommen, einige Extremisten hatten über Twitter zur Hilfe explizit nur für Hindus aufgerufen – was wissen Sie darüber?
Nadim Ammann (Leiter des Referats "Hilfe für Mission" im Erzbistum Köln): Wir wissen, dass sich unsere Partner darüber maßlos ärgern. Denn vor Ort ist es nicht so! In Kerala wird die Regionalregierung von den Kommunisten gestellt, die Zusammenarbeit zwischen den Kirchen und der Regionalregierung ist sehr gut.
Unsere Partner loben den Einsatz der Regierung. Sie loben vor allem, dass sich ganz viele Jugendliche aufgerafft haben und sich überall, wo Hilfe notwendig war, eingesetzt haben. Die Kirche hat alle Kirchen und Schulen geöffnet und Flüchtlinge aufgenommen. Die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Militär wird außerordentlich gelobt. Hier versucht eine kleine Gruppe genau das zu zerstören, was an guten Hilfsaktionen läuft.
Klar ist, wenn das in einem anderen Landesteil passiert wäre, dann hätte es anders aussehen können. In Kerala sind fast 20 Prozent Christen verschiedener Denominationen, sodass die Kirche sehr stark präsent ist. Man sieht viele Kirchen und kirchliche Einrichtungen und begegnet täglich Ordensleuten und Bischöfen auf der Straße. Das ist schon noch eine eigene Situation in Kerala. Diese Informationen (dass Hindus nur zur Hilfe für Hindus aufgerufen haben, Anm. d. Red.), die vor allem aus den USA kommen, sind sicher nicht hilfreich – gerade angesichts der Situation, in der Indien sich gerade befindet. Es gibt tatsächlich ein Aufkommen des Hindu-Nationalismus.
DOMRADIO.DE: Sie waren Ende Juli erst mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki in Kerala unterwegs. Was wissen Sie von den Menschen dort? Wie ergeht es denen?
Ammann: Es geht ihnen unterschiedlich. Die Bischöfe und Ortsleute engagieren sich sehr stark in der Hilfe. Die Menschen, die wir in den Gemeinden besucht haben, stehen zum Teil im Wasser: Ihre Häuser sind überschwemmt worden. Gerade in der Region um Alwaye, wo es viele Bildungseinrichtungen gibt und wo wir uns eine Zeit lang aufgehalten haben, da ist ein großer Fluss und alle, die dort in der Nähe leben, haben ihre Häuser verloren. Was uns aber freut, ist dass unsere Partner sehr aktiv sind und den Menschen helfen.
DOMRADIO.DE: Auch während Ihrer Reise hat es schon viel geregnet, hatten sie den Eindruck, die Menschen und die Infrastruktur sind auf so etwas vorbereitet?
Ammann: Die Monsunzeit ist bekannt. Als wir dort waren, hat man den Regen mit Humor genommen. Der hat eher uns gestört, weil es auch sehr feucht war, aber man kann damit zurecht. Aber auf eine so große Regenflut sind die Menschen nicht vorbereitet. Die Häuser sind aus ganz einfachem Material gebaut: aus Lehm, einfachem Holz und so weiter, das sind ja eher Hütten.
DOMRADIO.DE: Das Erzbistum hat 150.000 Euro Soforthilfe zur Verfügung gestellt, wofür ist das Geld?
Ammann: Das Wasser zieht sich jetzt glücklicherweise zurück. Notwendig ist jetzt, dass die Menschen zu trinken, zu essen und Medizin erhalten. Aber dann wird es direkt an den Wiederaufbau gehen, damit die Menschen ihre Häuser zurückbekommen. Mit 10.000 Euro hat man direkt schon ein Häuschen gebaut. Die Caritas ist vor Ort in jeder Diözese aktiv. Aber auch die Orden sind vor Ort sehr aktiv, sodass wir unsere Hilfe zwischen der Caritas und dem Orden der indischen Karmeliten aufteilen werden, die in ähnlichen Bereichen tätig sind.
Das Interview führte Dagmar Peters.