domradio.de: Polen liegt zwar viel näher an Deutschland als Spanien, wo zuletzt im Jahr 2011 in Europa ein Weltjugendtag stattfand, aber man hat den Eindruck, irgendwie liegt Polen doch viel weiter weg. Was sagen Sie über das künftige Weltjugendtag-Gastgeberland, das in Krakau vom 26. bis 31. Juli 2016 die Jugend der Welt einlädt?
Mike Kolb (Diözesanjugendseelsorger im Erzbistum Köln): Ja, das ist wohl so. Ich glaube, für die Kölner Jugendlichen und die Jugendlichen in gewissen Regionen Deutschlands liegt Polen gar nicht so nah, obwohl es unser Nachbarland ist, weil wir mehr nach Westen orientiert sind, nach Großbritannien, nach Frankreich, nach Spanien oder Italien. Wir kennen wenig von den ehemaligen Ostblock-Ländern. Das geht vielleicht den Menschen in Ostdeutschland anders, aber ich stehe jetzt hier in Krakau und war auch schon häufiger in Polen: es ist einfach ein tolles Land. Man kann einfach nur die Jugendlichen einladen, sich auf den Weg hierhin zu machen. Das ist eine einmalige Chance, dass der nächste Weltjugendtag so nahe ist, wie lange keiner mehr sein wird.
domradio.de: Sie waren die letzten Tage in Breslau, weil alle, die vom Erzbistum Köln aus am Weltjugendtag teilnehmen, dort zuvor noch die Tage der Begegnung in Gastgeberfamilien verbringen, oder?
Kolb: Genau so ist es. Das Erzbistum Breslau ist unser Ort für die Tage der Begegnung und es war sehr schön. Ein grandioses Organisationsteam des Weltjugendtags hat sich uns vorgestellt und die freuen sich richtig auf uns als Gäste. Wir waren in einigen Pfarrgemeinden am Stadtrand von Breslau - auch in der Gemeinde, in der Kardinal Meisner 1933 geboren wurde. Man hat einfach gemerkt, dass sie sich freuen und Gastgeber sein wollen. Wir werden in Familien untergebracht. Das war eine ganz große Herzlichkeit. Ich war sehr beeindruckt.
domradio.de: Nach den Tagen der Begegnung in Breslau geht es dann nach Krakau weiter, wo das Hauptevent und die Begegnung mit dem Papst stattfindet. Was erwartet die Jugend in Krakau?
Kolb: Der Weltjugendtag in Krakau hat, glaube ich, mehrere Vorzeichen. Er findet im Jahr 2016 statt. In einem Jahr, in dem wir in Europa vielen Herausforderungen begegnen mit der sogenannten Flüchtlingskrise. Somit ist es irgendwo auch ein politischer Weltjugendtag. Die europäischen Länder sind sich uneinig, jeder schaut auf sich. Als Kirche kommen wir zusammen und betonen das "Über-die-Nationen-Hinausgehen", das Gemeinsame. Wir haben natürlich die Botschaft von der Bürde jedes einzelnen Menschen. So kommen hier auch politische Dimensionen mit rein, wo wir noch einmal eingeladen sind, auf die Menschen zu schauen, die vor Krieg und Gewalt fliehen und zu uns kommen. Ich bin sicher, dass Papst Franziskus, der das erste Mal nach Polen kommt und zum ersten Mal einen europäischen Weltjugendtag besucht, eine Botschaft bereithalten wird. Nicht zuletzt stammt ja auch der heilige Papst Johannes Paul II. aus der Erzdiözese Krakau. Er war hier lange Jahre Erzbischof und Kardinal, bevor er Papst wurde und seine Botschaft, die Botschaft der Barmherzigkeit in diesem Heiligen Jahr, die schwingt hier überall mit. Man sieht auch überall Portraits von ihm an jeder Kirche, an jedem zweiten Geschäft. Das ist seine Stadt.
domradio.de: Bis zum 15. April können sich Jugendliche und junge Erwachsene noch anmelden. Warum sollte Ihrer Meinung nach die Jugend hierzulande diese Chance wahrnehmen, nach Polen mitzukommen?
Kolb: Ganz kurz gesagt: Erfahrung von toller Gemeinschaft, von lebendiger Kirche in einer wunderschönen, ansprechenden, jungen Stadt nicht weit von uns weg in einem tollen Land. ich glaube, überzeugendere Argumente gibt es nicht. Aber ich bin auch beeinflusst, weil ich jetzt hier stehe. (lacht)
Das Interview führte Tommy Millhome.