Religiosität spielt in den Asterix-Comics eine Rolle

"Es gibt eine Macht, die über allem steht"

Asterix-Zeichner Albert Uderzo ist gestorben, doch seine Figuren leben über Generationen weiter. Der Theologieprofessor Manfred Becker-Huberti ist ein großer Fan – und verrät, wo die religiöse Komponente in den Comics liegt. 

Im französischen Original und in der englischsprachigen Fassung heißt der maskierte Bösewicht Coronavirus. / © Marijan Murat (dpa)
Im französischen Original und in der englischsprachigen Fassung heißt der maskierte Bösewicht Coronavirus. / © Marijan Murat ( dpa )

DOMRADIO.DE: Der kleine Krieger Asterix und der Hinkelstein-Lieferant Obelix erleben viele, viele Abenteuer miteinander. Was mögen Sie an den Comics?

Prof. Manfred Becker-Huberti (Theologe und Brauchtumsexperte): Ich mag an den Comics ihre Zeitkritik, die darin versteckt ist und die man entdecken muss. Man muss wissen, hier in Deutschland ist diese Comic-Geschichte in den 68er-Jahren aufgekommen, genau in der Zeit, als es an unseren Hochschulen im Gebälk krachte, weil die Studentenschaft die Sippen der alten Herren doch nicht mehr so gerne sahen und sich dagegen aufbäumten.

Und genau das Gleiche passiert in diesen Comics: Das letzte Dorf in Frankreich, das die Römer aufhält, das ganze Land zu besetzen. Es hat nämlich einen Zaubertrank ihres Druiden – eine verrückte Idee – mit dessen Hilfe sie sich wehren und zur Wehr setzen können. Das ist genau das Bild dessen, was sich damals hier in Deutschland und dann auch in weiten Teilen Europas abspielte.

Und das Ganze wird verzerrt als Komödie, als Karikatur, dargestellt. Asterix ist ein kleines Männlein von zwergenhaftem Wuchs. Sein Freund ist ein ordentlicher Brocken, der aber ein Gehirn hat, das dann relativ klein ist. Der also körperlich stark ist, während Asterix im Kopf stark ist. Und kontrastiert wird das durch die vielen anderen, die dazugehören. Wichtig sind vor allen Dingen Majestix, der Häuptling, dessen Lust an der Selbstdarstellung seiner eigenen Größe immer scheitert und der sich dann lächerlich macht und dann trotzdem wieder irgendwie bekriegt. Und Miraculix, dem Druiden, der das Ganze meist im Hintergrund, aber durch seine Mittel sehr fein steuert und immer wieder auf die gute Seite bringt.

DOMRADIO.DE: In Miraculix findet sich dann auch die religiöse Komponente der Comics? 

Becker-Huberti: Ja, Miraculix ist derjenige, der auch immer darauf verweist, dass es noch eine Macht gibt, die über allem steht. Das wird nie dezidiert ausgebreitet, es wird auch nie ein Konflikt mit dem Christentum aufgezeigt. Das kann auf dem historischen Hintergrund auch nicht passieren, denn Cäsar lebt ja noch und bekämpft die Franzosen. Und Cäsar ist 44 vor Christus ermordet worden. Das heißt, das kann gar nicht Thema dieser Reihe sein.

DOMRADIO.DE: Es gibt ja viele Raufereien in den Comics. Die Prügeleien mit den Römern sind Hauptbestandteil der Geschichten. Aber die Gallier gehen nie über Leichen?

Becker-Huberti: Die Gallier haben nicht das Interesse zu morden, sondern sie haben das Interesse, den Römer zu zeigen: Wir wollen unsere Eigenständigkeit bewahren, wir wollen wir sein. Und das ist etwas, was natürlich jungen Leuten hervorragend gefällt. Deshalb lesen meine Enkel diese Comics mit der gleichen Freude, wie der ich sie einmal gelesen habe und auch heute noch lese. Es ist ganz spannend, dass das so über Generationen nach wie vor aktuell bleibt.

DOMRADIO.DE: Albert Uderzo hat Asterix bis 2009 selber gezeichnet, aber schon seit 1977 musste er ohne seinen Texter René Goscinny auskommen. Ein Verlust für Asterix?

Becker-Huberti: Ja, ein Verlust mit Sicherheit, aber er ist kompensiert worden. Das heißt, wer das nicht weiß und das Ganze liest, wird es wahrscheinlich nicht einmal merken, weil die Idee immer weiter durchgezogen worden ist. Das, was so das Knackige an den ersten Bändchen darstellt ist ein wenig breitgetreten worden, aber das erträgt man, wenn man Spaß an dem ganzen Thema hat.

Das Gespräch führte Katharina Geiger. 


Quelle:
DR