Pilgerhaus Tabgha blickt hoffnungsvoll auf Rückkehr der Pilger

"Es ist fast alles ganz normal"

Nach über einem Jahr ohne Tourismus sind nun die ersten Urlauber nach Israel gereist. Das Pilgerhaus Tabgha am See Genezareth erwartet die ersten deutschsprachigen Gruppen aber erst nach der Sommerpause.

Blick auf den See Genezareth / © makarenko7 (shutterstock)
Blick auf den See Genezareth / © makarenko7 ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Dieses Tourismus-Pilotprojekt ist am 23. Mai gestartet und wird bis Mitte Juni dauern. Wie soll das ablaufen und wie ist die Situation gerade?

Dr. Georg Röwekamp (Leiter des Pilgerhauses Tabgha am See Genezareth / Deutscher Verein vom Heiligen Lande​): Tatsächlich nehmen wir natürlich wahr, dass dieses Pilotprojekt jetzt gestartet ist. Das betrifft zunächst einmal 20 Gruppen, die in diesem Zeitraum bis zum 15. Juni einreisen können. Die Erste ist auch groß empfangen worden am Flughafen von Mitarbeitern des Tourismusministeriums.

Allerdings muss man, denke ich, dazu sagen, dass das noch unter sehr strengen Auflagen passiert. Auch wenn alle geimpft sind, was sowieso Voraussetzung ist, müssen alle noch mal vor Betreten des Flugzeuges einen PCR-Test machen. Nach der Landung in Israel auch noch mal. Es werden serologische Tests (Antikörper-Tests, Anm. d. Red.) durchgeführt. Alles darf nur auf einem vorher festgelegten Programm stattfinden. Die Westbank, zum Beispiel Bethlehem, kann nicht besucht werden. Also von daher ist das alles noch auf sehr geringem Niveau.

DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist es für die Tourismusbranche, aber auch für das Land Israel, dass dieses Pilotprojekt jetzt anläuft und damit wieder Tourismus im Land möglich ist?

Röwekamp: Wichtig ist vor allen Dingen, dass es erfolgreich ist und dass man merkt: Das funktioniert. Denn so schön die symbolische Wirkung dieser Gruppen ist, so sehr ist das Land einfach auf eine Rückkehr von größeren Zahlen von Touristen und Pilgern angewiesen. Denn wirtschaftlich ist das ein wesentlicher Faktor hier im Lande – und der fehlt seit über einem Jahr. Von daher schauen wir alle sehr gebannt darauf und fragen uns, wann das auch für uns Folgen haben wird und wann es auch für uns wieder losgehen wird.

DOMRADIO.DE: Für Sie im Pilgerhaus hat dieses Projekt noch keine direkten Auswirkungen, richtig? Sie haben aber trotzdem Gäste da?

Röwekamp: Ja, es ist so: Zum einen, glaube ich, planen deutschsprachige Gruppen etwas langfristiger als diese Gruppen, die wirklich hier auf Stand-by standen und jetzt sehr kurzfristig eingereist sind. Da rechne ich tatsächlich erst nach der Sommerpause, wenn auch hier die größte Hitze vorbei ist, eher im September/Oktober wieder mit Gruppen.

Wir haben seit März das Haus wieder geöffnet und empfangen zum Glück eine Menge einheimische Touristinnen und Touristen. Das sind etwa Israelis, die einfach die Schönheit dieses Platzes hier direkt am Ufer des See Genezareth entdecken – vor allen Dingen am Wochenende. Aber wir haben auch Seminare von jüdischen Israelis, die sich hier drei Tage mit dem Neuen Testament beschäftigen. Oder gerade kam wieder eine Studienreisegruppe an, die sich drei Tage lang unter dem Thema "Europa in Galiläa" hier umsieht und dabei Plätze entdeckt, die sie vorher nie gekannt haben.

DOMRADIO.DE: Wir schauen einmal ein bisschen weg von dem Pilotprojekt, über das wir gerade gesprochen haben. Israel war ja gerade, was das Thema Impfen und Öffnungen angeht, auch Vorreiter. Mit dem sogenannten "Green Pass" konnte man eigentlich wieder überall rein. Wie ist die Situation gerade im Land? Ist wirklich alles wieder "ganz normal"?

Röwekamp: Es ist wirklich fast alles ganz normal. Ab diesem Dienstag läuft auch die Regelung bezüglich des "Green Passport" aus. Während wir bisher noch am Eingang unseres Hauses, unseres Geländes hier kontrollieren müssen, ob alle geimpft sind, ob Kinder einen negativen Test haben, wird das ab diesem Dienstag nicht mehr nötig sein.

Israel kehrt also wirklich bis auf ganz kleine Dinge zum Normalzustand zurück, auch wenn, wie ich schon sagte, die Situation in den palästinensischen Gebieten noch ganz anders aussieht. Dort ist sehr viel weniger geimpft und deswegen ist auch die Bewegungsfreiheit zwischen diesen Regionen noch deutlich eingeschränkt.

DOMRADIO.DE: Und politisch geht es natürlich auch weiter. Aktuell gibt es da viele Veränderungen in Israel. Wenn wir uns da vor allem die Regierungsbildung anschauen, die gerade in Diskussion ist, wie schauen Sie auf das Thema?

Röwekamp: Ja, das nehmen wir parallel natürlich auch wahr und sind ganz gespannt, ob es wirklich zu einer ganz neuartigen Koalition kommt. Wir fragen uns heute schon, wie lange die wohl halten kann, weil da einfach doch sehr unterschiedliche Parteien dann zusammenarbeiten wollen oder müssen. Wir glauben aber nicht, dass das auf die Öffnung für den Tourismus einen wesentlichen Einfluss haben wird. Da sind alle gesellschaftlichen Gruppen daran interessiert, dass das so schnell wie möglich, aber auch so sicher wie möglich wieder passieren wird.

Das Interview führte Michelle Olion.


Georg Röwekamp / © Paul Sklorz (KNA)
Georg Röwekamp / © Paul Sklorz ( KNA )

Pilgerhaus Tabgha / © Valery Shanin (shutterstock)
Quelle:
DR