"Der Einsatz von Pfarrer A. in der Seelsorge 1989 war ein schwerer Fehler. Aus heutiger Sicht ist klar: Es ist nicht auf die warnenden Stimmen gehört worden, die eine enge Kontrolle von Pfarrer A. gefordert haben. Es ist verheimlicht worden, als die verantwortlichen Pastoralen Dienste im damaligen Dekanat Lövenich nicht ausreichend informiert wurden. Und es ist nicht bestraft worden, als der Kurs der Suspendierung aus vollkommen unerklärlichen Gründen aufgegeben wurde", so der Kölner Erzbischof gegenüber DOMRADIO.DE am Donnerstag.
"Das sind einige der traurigen und schmerzhaften Beispiele für die Versäumnisse im Umgang mit Pfarrer A. Als verantwortlicher Bischof habe ich den Sachverhalt untersuchen lassen und ein kirchenrechtliches Strafverfahren auf den Weg gebracht. Das Urteil ist gefällt, die Bestätigung durch die Glaubenskongregation in Rom steht noch aus", so Woelki weiter.
"Aber es geht mir nicht nur um die Konsequenzen für den Täter. Ohne dem Gutachten von Prof. Dr. Gercke vorzugreifen, muss jedem klar sein, dass der wiederholte Einsatz eines verurteilten Straftäters absolut unverantwortlich war. Der gesamte Umgang mit Pfarrer A ist eine jahrzehntelange Aneinanderreihung schwerer Fehler. Und dafür müssen Personen damals verantwortlich gewesen sein, die herausgefunden und benannt werden müssen. Ich habe Herrn Prof. Dr. Gercke, gerade im Rahmen der gebotenen Zurückhaltung gebeten, die Frage der Verantwortung insbesondere in diesem Fall zu klären", erklärt der Kölner Erzbischof.
Bereits im November 2019 hatte sich Kardinal Woelki in einem Interview bei DOMRADIO.DE zu dem Fall geäußert. Das Erzbistum Köln hat zu diesem Fall auch auf der Internetseite FAQs bereitgestellt.
Auch Bischof Overbeck äußert sich
Am Mittwoch hatte der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck Fehler im Umgang mit dem zweimal wegen Missbrauchs verurteilten Priester eingeräumt. "Ich habe Schuld auf mich geladen", sagte er der aktuellen "Zeit"-Beilage "Christ & Welt".
Als er Anfang 2010 kurz nach seinem Amtsantritt in Essen von dem Fall erfahren habe, habe er sich nicht die Personalakte kommen lassen. "Sonst hätte ich die Dimension des Falls vielleicht gesehen", so der Ruhrbischof. Einen Rücktritt wegen dieses Fehlers schloss er aber aus.
Der Fall des inzwischen 87-jährigen Priesters A. hatte Ende 2019 für heftige Kritik gesorgt. Er war trotz der beiden Verurteilungen in drei Bistümern als Seelsorger tätig, ab 2002 als Ruhestandsgeistlicher im Bistum Essen. Die beteiligten Bistümer Köln, Münster und Essen haben Untersuchungen zu dem Fall in Auftrag gegeben.
Der Priester des Erzbistums Köln war seit 1960 in Köln und dann im zum Erzbistum gehörenden Essen-Kettwig tätig, bevor er 1972 wegen "fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen" zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Danach war er ab 1973 im Bistum Münster eingesetzt, bis er 1988 wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen eine Bewährungsstrafe erhielt.
1989 kehrte A. als Altenheimseelsorger nach Köln zurück. Als Ruhestandsgeistlicher war er dann von 2002 bis 2015 in Bochum-Wattenscheid im Bistum Essen. Erst 2019 verbot ihm der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki priesterliche Dienste. Inzwischen hat die Glaubenskongregation im Vatikan einen kirchlichen Strafprozess gegen den heute in einem Pflegeheim lebenden Geistlichen geführt. Das Urteil sei gefällt, die Bestätigung durch die Glaubenskongregation in Rom stehe aber noch aus, erklärte Kardinal Woelki.