Kirche mahnt zu Kompromiss im Streit um Justizreform in Polen

"Es muss keine Sieger und Besiegte geben"

Die katholische Kirche in Polen hat dazu aufgerufen, den seit Jahren andauernden Konflikt um die von der Regierung betriebene Justizreform beizulegen. Ein Kompromiss sei möglich, und es müsse keine Sieger und Besiegte geben.

Kirche in Polen / © Supernak (dpa)
Kirche in Polen / © Supernak ( dpa )

"Wir sollten uns um eine authentische Lösung der umstrittenen Fragen bemühen", betont der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, in einem am Freitag veröffentlichten Brief an den Initiator eines Runden Tisches. "Ein Kompromiss ist möglich, weil bestimmte Sachen teilbar sind. Es muss keine Sieger und Besiegte geben."

Das vom Mittwoch datierte Schreiben ist an den Präsidenten der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Jerzy Duszynski, gerichtet. Auf seine Initiative kamen an diesem Freitag unter anderem Vertreter der Regierung, des Staatspräsidenten und des Obersten Gerichts zu einem "Forum für Rechtsstaatlichkeit" zusammen. Politiker der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) blieben der Veranstaltung aber trotz Einladung fern.

Polnische Angelegenheiten in Polen erledigen 

Gadecki betonte, man müsse sich als Erstes darum bemühen, "dass polnische Angelegenheiten in Polen erledigt werden. Als Polen sollten wir ein Gesprächsforum finden, das endgültig zu einem guten Kompromiss führt und ein Eingreifen von außen gegenstandslos macht." 

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hatte Polen am Dienstag als erstes EU-Land unter besondere Beobachtung gestellt. Die Reformen des polnischen Justizsystems stehen nach Ansicht des Europarat-Gremiums im Widerspruch zu europäischen Normen, untergraben und schädigen die Unabhängigkeit der Rechtssprechung und des Rechtsstaats. Zudem hätten die Reformen die Justiz anfällig für politische Einmischung gemacht, hieß in der Resolution.

Die EU-Kommission leitete bereits im Dezember 2017 ein Verfahren gegen Warschau ein, das im Extremfall bis zum Stimmrechtsentzug führen kann. Gegen Polen läuft derzeit ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Grundwerte. Das Europaparlament forderte in einer Entschließung deutlichere Fortschritte.

Antwort auf Kritik: Justiz effizienter machen 

Polens Regierung will nach eigenen Angaben mit der Reform die Justiz effizienter machen und fairere Verfahren erreichen. Zudem sollten Richtern Privilegien genommen werden. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg erklärte die vom polnischen Parlament beschlossene Zwangspensionierung von Richtern an ordentlichen Gerichten für nichtig.

Zuletzt eskalierte der Konflikt in Polen, weil das Verfassungsgericht und das Oberste Gericht in Warschau Beschlüsse des jeweils anderen Gerichts missachteten. 


Quelle:
KNA