Papst verurteilt aufs Schärfste den Umgang mit Geflüchteten

"Es reicht mit Stacheldraht und Lagern"

Seit Langem setzt sich der Papst für Geflüchtete ein. Auf Zypern, wo viele Geflüchtete stranden, fand Franziskus deutliche Worte gegenüber der EU-Flüchtlingspolitik. So viele Menschen sind gestorben, "dies muss jedem einen Stich versetzen".

Papst Franziskus senkt demutsvoll den Kopf im Gottesdienst / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus senkt demutsvoll den Kopf im Gottesdienst / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Mit deutlichen Worten hat Papst Franziskus den derzeitigen Umgang mit Flüchtlingen und Migranten in der "entwickelten Welt" verurteilt. Es sei eine "schwere Krankheit", sich an diese Fluchttragödien zu gewöhnen, eine Krankheit, gegen die kein Antibiotikum helfe, klagte Franziskus bei einem ökumenischen Gebet mit Migranten in der zyprischen Hauptstadt Nikosia. "Es ist der Krieg von heute", eine "Geschichte der Sklaverei" und zugleich die "Geschichte dieser entwickelten Welt", so die anklagenden Worte des Kirchenoberhauptes.

Verantwortung des Papstes

Der Papst entschuldigte sich für seine deutlichen und spontanen Worte. "Aber es ist meine Verantwortung, Augen zu öffnen", so Franziskus. Er erinnerte an die vielen Flüchtlinge und Migranten, die auf dem Mittelmeer gestorben seien, und die vielen, die sich noch auf gefährlichen Wegen nach Europa befänden. "Dies muss jedem einen Stich versetzen", so der sichtlich bewegte 84-Jährige. Stattdessen würden Stacheldrahtzäune errichtet, um Menschen abzuwehren, die Freiheit suchten oder ein Stück Brot. "Es reicht mit dem Stacheldraht, es reicht mit den Lagern", forderte Franziskus.

Migranten Opfer von Sklaverei

In seinem zuvor vom Manuskript vorgelesenen Redeteil hatte der Pontifex für ein Miteinander als "versöhnte Mitbürger" geworben. Niemand dürfe sich mit der gespaltenen Welt und Kirche abfinden. Zugleich bedankte sich Franziskus bei jungen Migranten für ihre Zeugnisse. Zu oft und zu viele seien weiterhin Opfer von Sklaverei und gerieten zwischen die Fronten unterschiedlicher Interessen. Die Zeugnisse hätten ihn berührt und bewegt. Für die christlichen Gemeinschaften seien sie ein Spiegel, so Franziskus weiter. Denn all die jungen Migranten seien "keine Fremden, sondern Mitbürger".

Der junge Kameruner Maccolins hatte über seine Erfahrungen mit Hass und Gewalt berichtet. Erfahrungen, die er nicht vergessen könne. Tamahra aus Sri Lanka erklärte, dass sie es ermüdend fände, gefragt zu werden, wer sie sei. Sie sei keine Nummer, sondern eine Person wie alle anderen.

"Werkstätte der Geschwisterlichkeit"

In Anwesenheit von Vertretern verschiedener Konfessionen richtete Franziskus an die zyprische Bevölkerung einen Wunsch. "Möge diese Insel, die von einer schmerzlichen Spaltung gezeichnet ist, mit Gottes Gnade zu einer Werkstätte der Geschwisterlichkeit werden." Dafür brauche es zum einen die Anerkennung der individuellen, "unverkäuflichen und nicht vermietbaren" Menschenwürde sowie eine vertrauensvolle Offenheit gegenüber Gott.

Papst nimmt 12 Geflüchtete mit

Zugleich kündigte der Vatikan an, von Zypern zwölf Geflüchtete mit nach Rom bringen lassen. Die zyprische Regierung hatte eine solche Geste bereits angekündigt, aber die Zahl von 50 Migranten genannt. Dem Vernehmen nach sind die zwölf Personen eine erste Gruppe. Weitere der geplanten 50 Migranten sollen demnach noch vor Weihnachten folgen sowie Anfang des kommenden Jahres.

Internationale Vereinbarung

Die Übersiedlung und Aufnahme der Migranten wird laut Vatikan-Angaben durch eine Vereinbarung zwischen dem vatikanischen Staatssekretariat, den italienischen und zypriotischen Behörden ermöglicht. Zudem seien die Abteilung für Migranten und Flüchtlinge des Heiligen Stuhls und die katholische Gemeinschaft Sant'Egidio beteiligt. Die Betreffenden sollen aus Ländern des Nahen Ostens und Afrikas stammen und sich schon längere Zeit auf Zypern aufhalten.


Papst Franziskus segnet ein Kind bei einem ökumenischen Gebet mit Migranten in Nikosia, Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus segnet ein Kind bei einem ökumenischen Gebet mit Migranten in Nikosia, Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Papst Franziskus spricht bei einem ökumenischen Gebet mit Migranten in der Pfarrkirche Santa Croce, Nikosia, Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus spricht bei einem ökumenischen Gebet mit Migranten in der Pfarrkirche Santa Croce, Nikosia, Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Papst Franziskus bei einem ökumenischen Gebet mit Migranten in Nikosia, Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus bei einem ökumenischen Gebet mit Migranten in Nikosia, Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Eine Frau mit Mundschutz hält ihr Baby bei einem ökumenischen Gebet von Papst Franziskus mit Migranten in Nikosia, Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eine Frau mit Mundschutz hält ihr Baby bei einem ökumenischen Gebet von Papst Franziskus mit Migranten in Nikosia, Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA
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