Ethiker reagieren besorgt auf Züchtung reifer Eizellen von Mäusen

"Nicht alles sinnvoll und gut"

Die Stammzellforschung geht scheinbar unaufhaltsam weiter: Mäuseweibchen können nun quasi mit sich selbst Kinder bekommen. Was bedeutet das für die Menschen? Ethiker reagieren besorgt und kritisieren diese Entwicklung.

Versuchsmäuse (Symbolbild) / © Wolfgang Weihs (dpa)
Versuchsmäuse (Symbolbild) / © Wolfgang Weihs ( dpa )

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, rechnet mit einem Aufschwung der embryonalen Stammzellforschung in Ländern mit liberaler Gesetzgebung. Mit Blick auf die gelungene Züchtung reifer Eizellen von Mäusen in einem Labor in Japan sagte Dabrock der "tageszeitung" (Mittwoch), in Deutschland gebe es bislang eine restriktive Einstellung zur Forschung mit frühem menschlichen Leben.

Sofern das Experiment auf den Menschen übertragen werden könne, werde es immer schwieriger, den Schutzstandard wie bisher danach auszurichten, dass eine Zelle das Potenzial habe, sich als menschliches Leben zu entwickeln, so der evangelische Theologe.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass es japanischen Wissenschaftlern erstmals in der Geschichte gelungen ist, aus gewöhnlichen Körperzellen der Maus mithilfe der Stammzelltechnik reife Eizellen herzustellen und durch künstliche Befruchtung gesunde Nachkommen zu erzeugen.

Hoffnung für homosexuelle Paare

Bisher habe als Hinderungsgrund gegen humane Stammzellforschung aus feministischer Perspektive gegolten, dass Frauen unter "risikoreichen Bedingungen" ihre Eizellen abgeben mussten. Mit der neuen Technik wäre dies nicht mehr notwendig. Deswegen werde es vermutlich zu einem Aufschwung der embryonalen Stammzellforschung kommen, so Dabrock.

Weiter betonte Dabrock, der Raum für reproduktive Möglichkeiten vergrößere sich ständig. Mit Hilfe der Technik aus Japan könnten potenziell auch schwule und lesbische Pärchen genetisch mit beiden Eltern verwandte Kinder haben. Er räumte ein: "Nicht alles scheint mir sinnvoll und gut zu sein". Mit der Technik sei es potenziell auch möglich, dass Frauen sich eine Eizelle entnehmen ließen und diese dann mit einem Spermium aus ihrer Hautzelle befruchtet werde. "Dann könnte sie mit sich selbst ein Kind haben", so der Theologe.

Katholische Morallehre lehnt "beziehungslose Forpflanzung" ab

Auch der katholische Professor em. für Theologische Ethik und Sozialethik, Dietmar Mieth, warnt vor "vielen ethischen Problemen" und forderte im domradio.de-Interview ein Forschungsethikgesetz für Deutschland. Dort müsste ein Konsens darüber gefunden werden, inwieweit überhaupt am menschlichen Erbgut geforscht werden solle. Ob die Ergebnisse aus Japan als Durchbruch gewertet werden könnten, sei zudem noch offen. Das Klonschaf Dolly - einst als Durchbruch der Genforschung gefeiert - sei schließlich früher verstorben als normale Schafe. Insofern seien die jetzt geborenen gesunden Mäuse noch kein Beleg für einen Durchbruch in der Forschung, so Mieth.

Der Tübinger Moralethiker mahnte, es müsse in der Forschung stets das Vorsichtsprinzip gelten: "Man soll Probleme nicht so lösen, dass die Probleme, die durch die Problemlösung entstehen, größer sind als die Probleme, die gelöst werden". Mögliche negative Folgen müssten dabei stets wichtiger sein, als die möglichen postiven Folgen. Prinzipiell stelle die katholische Morallehre die Beziehung von Menschen in den Vordergrund. Eine beziehungslose Fortpflanzung entspreche nicht dieser Lehre.


Ethik-Professor Peter Dabrock  / © Uwe Zucchi (dpa)
Ethik-Professor Peter Dabrock / © Uwe Zucchi ( dpa )
Quelle:
KNA , DR