"Jede Embryonenadoption ist etwas Besonderes. Da verbindet sich der tiefe Wunsch nach einem Kind mit der persönlichen Geschichte der Patienten, die oft die Hoffnung auf eine Behandlung bereits aufgegeben hatten oder aus moralischen Gründen nicht zu Ende geführt haben." Die Leiterin einer spanischen Kinderwunschklinik in Barcelona hat eigens einen deutschsprachigen Blog gestartet, um ungewollt kinderlose Paare aus Deutschland auf die Möglichkeit der Embryonenadoption aufmerksam zu machen.
Die Bundesrepublik hat strenge Regeln in der Fortpflanzungsmedizin.
"Snowflake Children"
Länder wie die USA, Spanien, Großbritannien oder Tschechien haben die Embryonenspende schon seit Jahren erlaubt. "Snowflake Children" hießen die ersten Kinder in den USA, die vor knapp 20 Jahren in eine Familie mit völlig unterschiedlichem Erbgut "hineingeschneit" kamen.
Auch in Deutschland bieten fortpflanzungsmedizinische Einrichtungen mittlerweile die Embryonenadoption an, die auch als Embryonenspende bezeichnet wird. Dabei wird die bereits befruchtete Eizelle eines fremden Paares, also der genetischen Eltern, an die Wunscheltern "gespendet" und der "Adoptivmutter" eingesetzt.
Rechtliche Grauzone
Seit 2013 nutzt das Netzwerk Embryonenspende eine rechtliche Grauzone und vermittelt zwischen Spender- und Empfängereltern. Bislang sei es zu 57 Spenden, 15 Schwangerschaften und sieben Geburten mit neun Kindern gekommen, heißt es in einem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Gutachten des Deutschen Ethikrats. Die 26 Ethikexperten plädieren dafür, diese Methode aus der Grauzone herauszuholen. Dazu aber müsse der Gesetzgeber zahlreiche rechtliche Fragen regeln.
Präzisiert werden sollte nach Ansicht des Gremiums das Embryonenschutzgesetz. Denn grundsätzlich will der Gesetzgeber verhindern, dass ein Kind gewissermaßen zwei Mütter hat: die genetische Mutter und die Frau, die das Kind austrägt. Deshalb sind Eizellspende oder Leihmutterschaft verboten.
Die Embryonenspende aber ist erlaubt, wenn sie "die einzige Möglichkeit ist, den Embryo vor dem Absterben zu bewahren", heißt es im Gesetz. Und das ist dann der Fall, wenn im Rahmen einer Reagenzglasbefruchtung bereits befruchtete Eizellen nicht eingepflanzt werden können - weil die genetische Mutter krank wird, sich von ihrem Partner trennt oder einfach die Zustimmung verweigert.
Katholische Vertreter sehen Embryonenspende skeptisch
Katholische Mitglieder des Ethikrats sehen das mit Skepsis. Nur als Notstandsmaßnahme - weil die Spende Embryonen das Leben rette - sei dieser Weg vertretbar, erklären der Augsburger Weihbischof Anton Losinger, der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff und der Vallendarer Ethiker Thomas Heinemann in einem Sondervotum. Viel wichtiger aber wäre es, dafür zu sorgen, dass bei der Reagenzglasbefruchtung keine überzähligen Embryonen entstehen.
Zusammen mit elf weiteren Ethikratsmitgliedern appellieren sie an den Gesetzgeber, eine striktere Interpretation des Embryonenschutzgesetzes durchzusetzen. Zwölf Mitglieder des Gremiums wollen das nicht.
Doch damit nicht genug der rechtlichen Probleme: Der Ethikrat drängt den Gesetzgeber zu der Klarstellung, dass die genetischen Eltern mit der Spende auch alle Rechte und Pflichten gegenüber dem Kind abgeben.
Recht auf Herkunftsinformationen
Klargestellt werden muss laut Gutachten auch, dass das Kind Informationen über seine genetische Herkunft und mögliche genetische Geschwister lebenslang erhalten kann.
Kommerz bei der Embryonenspende sollte ausgeschlossen werden, so das Gremium weiter. Eine Einrichtung wie das Bundesamt für Familie könnte die Wünsche von Spender- und Empfängereltern abgleichen und Kriterien für eine passende Vermittlung entwickeln.
Dass es nicht nur um schwierige rechtliche Fragen, sondern auch um Lebensschicksale geht, macht der Verein Spenderkinder in seiner Stellungnahme an den Ethikrat deutlich. Identitätsprobleme und Fremdheitsgefühle der Kinder gegenüber den sozialen Eltern seien nicht ausgeschlossen, so der Zusammenschluss von Erwachsenen, die durch Samenspende gezeugt wurden: "Embryonenadoption ist keine Win-win-Situation, sondern eine ethisch und psychosozial herausfordernde Situation."