Angebote sollten untersagt werden, "wenn sie auf Wiederholung angelegt sind, öffentlich erfolgen und damit den Anschein einer sozialen Normalität ihrer Praxis hervorrufen könnten", heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Empfehlung des Wissenschaftler-Gremiums. Gleichzeitig begrüßt der Ethikrat darin einhellig die geplante Stärkung der Hospiz- und Palliativmedizin und fordert eine gesetzliche Stärkung der Suizid-Prävention.
Zur Regulierung der derzeit nicht strafbaren Hilfe bei der Selbsttötung empfiehlt der Ethikrat allerdings, "das derzeit geltende Strafrecht nicht grundlegend zu ändern". Eine Mehrheit des Ethikrats lehnt den Angaben zufolge auch eine gesetzliche Regulierung der Suizidbeihilfe durch Ärzte oder eine andere Berufsgruppe ab, weil dadurch "erlaubte Normalfälle" einer Suizidbeihilfe definiert würden. Eine Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach (SPD) spricht sich dafür aus, Ärzten in streng definierten Fällen die Unterstützung beim Suizid zu erlauben.
Offenheit wichtig
Gleichwohl könne es für schwer kranke Patienten wichtig sein, mit ihrem Arzt auch über Suizidpläne reden zu können. Die Mehrheit des Ethikrates empfiehlt deshalb, dass die Ärztekammern einheitlich zum Ausdruck bringen, dass "ungeachtet des Grundsatzes, dass Beihilfe zum Suizid keine ärztliche Aufgabe ist, im Widerspruch dazu stehende Gewissensentscheidungen bei Ausnahmesituationen respektiert werden".
Zudem ist die Mehrheit des Ethikrates der Auffassung, dass der Gesetzgeber im Betäubungsmittelrecht klarstellen sollte, dass eine im Ausnahmefall erfolgende Verschreibung von Betäubungsmitteln auch im Rahmen einer Beihilfe zu einem frei verantwortlichen Suizid nicht strafbar ist.
Suizid verhindern
Der Ethikrat begrüßt, dass die Bundesregierung die Hospiz- und Palliativversorgung nachdrücklich stärken sowie flächendeckend etablieren wolle. Darüber hinaus sollte aber die Vorbeugung vor Suiziden grundsätzlich gestärkt werden. Nur ein kleiner Teil der pro Jahr in Deutschland etwa 100.000 Menschen, die einen Suizidversuch unternehmen, tue das wegen einer fortschreitenden Erkrankung bei absehbar knapp begrenzter Lebenserwartung.
"Für vereinsamte und psychisch kranke Menschen beispielsweise bedarf es anderer suizidpräventiver Maßnahmen und Strukturen." Dazu gehörten etwa eine gute psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung, der Ausbau von Beratungs- und Begleitangeboten in Lebenskrisen und die Weiterbildung der in der Pflege und Medizin Tätigen.
Stärkung der Gewissensfreiheit
Die jüngsten Stellungnahme des Ethikrates zur ärztlichen Hilfe zur Selbsttötung stärkt nach Ansicht einer Gruppe von Koalitionsabgeordneten die Gewissensfreiheit der Mediziner. Bundestagsvizepräsident Peter Hintze sowie SPD-Fraktionsvize Carola Reimann, die diese Gruppe vertreten, sagten am Freitag der Deutschen Presse-Agentur: "In für sie ausweglosen Situationen müssen todkranke Menschen das Recht haben, den Arzt um Suizidassistenz zu bitten. Es bleibt die freie Gewissensentscheidung des Arztes, ob er diesem Wunsch folgen will."
Damit werde der Ethikrat dem breiten Mehrheitswillen in der Bevölkerung gerecht. "Die Bevölkerung befürwortet ja mit großer Mehrheit die ärztliche Suizidassistenz", argumentierten Hintze und Reimann und fügten hinzu: "Wir begrüßen das klare Votum des Deutschen Ethikrates, das die hohe Bedeutung der Suizidprävention betont."