Die Antisemitismusbeauftragte der EU-Kommission, Katharina von Schnurbein, fordert die EU-Staaten auf, die Kosten zur Sicherung jüdischer Einrichtungen nicht auf jüdische Gemeinden abzuwälzen. "In vielen Mitgliedstaaten ist nicht klar, wer für die Ausbildung und Fortbildung der Sicherheitsleute und die Kosten von Sicherheitsschleusen aufkommt", sagte Schnurbein dem Evangelischen Pressedienst (epd) vor Beginn der Internationalen Antisemitismuskonferenz in Wien.
Oftmals sorgten jüdische Organisationen dann selbst für erhöhte Sicherheit und bezahlten dafür aus eigener Tasche. Dabei habe der Staat die Verantwortung, für die Sicherheit aller seiner Bürger zu sorgen, betonte Schnurbein. Antisemitismusbekämpfung sei daher nicht in erster Linie eine Verantwortung der jüdischen Gemeinden, sondern der Gesellschaft als Ganzes.
Besonderer Schutz notwendig
Die derzeitige Situation verlange, dass Synagogen, jüdische Kindergärten und Schulen einen erhöhten Schutz brauchten, sagte Schnurbein. In Frankreich habe dadurch die Anzahl antisemitischer Straftaten vermindert werden können. "Doch unser Ziel muss immer sein, dass das nicht zur Normalität wird", betonte sie. Es dürfe nicht sein, dass sich säkulare wie auch religiöse Juden verstecken müssten in Europa. "Europa ohne Juden ist nicht mehr Europa." Antisemitismus sei ein Indikator, dass sich eine Gesellschaft zum Schlechten hin entwickele. "Es fängt mit den Juden an und es hört nicht mit ihnen auf", mahnte Schnurbein, die seit Dezember 2015 Koordinatorin der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus ist.
Schnurbein nimmt an der internationalen Antisemitismuskonferenz "An End to Antisemitism!" teil, die vom 18. bis 22. Februar in Wien stattfindet. Zu der Veranstaltung werden politische und religiöse Entscheidungsträger erwartet sowie internationale Antisemitismus-Experten. Zum Abschluss sollen konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Judenfeindlichkeit verabschiedet werden.
Straftaten gesondert nachgehen
Die Beauftragte forderte alle EU-Staaten auf, antisemitische Straftaten gesondert zu erheben. Dies sei laut Europäischer Grundrechteagentur in elf EU-Staaten noch nicht der Fall. Doch je detaillierter die Datenerhebung zu antisemitischen Vorfällen ist, desto gezielter könne die Strafverfolgung angepackt werden, sagte Schnurbein. Wichtig sei, die Zusammenarbeit von NGOs und Polizei zu verstärken. "Die Datenerhebung funktioniert immer dann besonders gut, wenn Meldestellen, die antisemitische Vorfälle aufnehmen, eng mit den jüdischen Gemeinden zusammenarbeiten, die Daten mit der Polizei abgleichen und auch Opferschutz anbieten", erklärte sie. Zwei hervorragende Beispiele seien die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Berlin und der Community Security Trust in London.
Elisa Makowski