Die Position, bei der Stellenvergabe auf die Mitgliedschaft der Bewerber in einer christlichen Kirche bestehen zu dürfen, müsse im Einzelfall auf den Prüfstand, erklärte der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Evgeni Tanchev, an diesem Donnerstag in Luxemburg.
In einem Fall aus Deutschland befand Evgeni Tanchev, dass religiöse Organisationen wie das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung zwar grundsätzlich zu einer Ungleichbehandlung von Stellenbewerbern mit Blick auf Religion oder Weltanschauung berechtigt seien. Zugleich gelte aber, dass die Entscheidungen des Arbeitgebers von Gerichten geprüft und im Einzelfall zurückgewiesen werden können. Hier komme es wesentlich auf die genaue Tätigkeit der ausgeschriebenen Stelle an.
Urteil in einigen Monaten erwartet
Nach den Worten des Generalanwalts beim EuGH können die Kirchen und ihre Organisationen nicht in jedem Fall "verbindlich selbst bestimmen, ob sie eine bestimmte Religion eines Bewerbers" verlangen können. Dies sei abhängig von der "Art der fraglichen Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung", so der Generalanwalt.
Die Frage, ob die Diakonie solch eine Bestimmung verbindlich allein vornehmen könne, ist die Hauptfrage in dem EuGH-Verfahren. Sie wird von der Diakonie und die Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bejaht und von der Klägerin, der konfessionslosen Vera Egenberger, verneint.
Das Urteil des EuGH wird erst in einigen Monaten erwartet. Die Richter müssen sich nicht an die Meinung ihres Generalanwaltes halten, tun dies aber oft. Im Lichte des EuGH-Urteils muss dann die deutsche Justiz den Fall entscheiden.
Kirchen berufen sich auf Selbstbestimmungsrecht
Egenberger hatte sich erfolglos beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung für eine Referententätigkeit beworben. In der Stellenausschreibung wurde die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehörenden Kirche vorausgesetzt. Egenberger bekam die Stelle nicht und klagte auf Entschädigung, weil sie aus religiösen Gründen diskriminiert worden sei.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt legte den Fall dem EuGH vor. Denn nach der geltenden EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist es den Mitgliedstaaten erlaubt, für religiöse und weltanschauliche Organisationen Ausnahmen vom Verbot der Ungleichbehandlung zuzulassen. Um die Tragweite dieser Regelung geht es in dem Fall.
Ein Hauptargument der Klägerin lautet, dass die Konfession für die konkrete Tätigkeit irrelevant gewesen sei. Ihr Anwalt plädierte dafür, dass kirchliche Arbeitgeber eine Konfession nur verlangen dürfen, wenn die Stelle direkt mit dem Glauben zu tun hat. Die Kirchen berufen sich dagegen auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften.