"Angesichts der grauenhaften Verwüstungen und der sehr schwierigen Wetterbedingungen mit Nachtfrösten zählt buchstäblich jede Stunde", so Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Deutschland will ergänzend zu den kürzlich freigegebenen zusätzlichen Hilfsgeldern in Höhe von 50 Millionen Euro noch einmal weitere 5 Millionen Euro an Soforthilfe bereitstellen.
Das Bündnis Entwicklung Hilft teilte am Sonntag mit, dass noch etwa 50.000 Menschen darauf warteten, Aleppo zu verlassen. "Viele harren in zerbombten Häusern aus, ohne Essen und Trinken, teilweise schwer verletzt."
Vorschlag: Finanzierung der Rückreise
Unterdessen machte sich der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber die Aufnahme eines Kontingents von 20.000 syrischen Flüchtlingen durch die EU stark. Europa müsse viel entschiedener handeln, "auch in humanitärer Hinsicht", sagte er Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament der "Bild am Sonntag".
Der außenpolitische Sprecher der Union, Jürgen Hardt (CDU), schlug zudem für die Zeit nach einem möglichen Kriegsende vor, die Rückreise von Syrern in ihr Heimatland zu finanzieren. Deutschland solle bei einer Rückkehr Zuschüsse und zinslose Darlehen für den Wiederaufbau gewähren.
Weiter Kritik an Syrien und Russland
Derweil geht die Debatte über die aus dem Krieg zu ziehenden politischen Konsequenzen weiter. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kritisierte in der "Bild am Sonntag" das Vorgehen der russischen und syrischen Streitkräfte. "Weder das syrische Volk noch die Weltgemeinschaft werden die Gnadenlosigkeit von Aleppo je vergessen, die durch nichts zu rechtfertigen ist."
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CD) sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", Syriens Präsident Baschar al-Assad sei "die Figur, mit der es keinen Frieden gibt". Der SPD-Außenpolitiker Nils Annen sagte: "Es wird auf Dauer keine Zukunft mit Assad geben."
Versuch der Diplomatie
Syrien-Expertin Kristin Helberg forderte in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), den Druck auf Assad zu erhöhen, um ihn wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Ähnlich äußerte sich der Militärhistoriker Sönke Neitzel in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Für ein militärisches Eingreifen des Westens sei es längst zu spät. "Es bleibt nur der Versuch, weiter mit diplomatischen Mitteln mittel- und langfristig an einer Lösung mitzuarbeiten."
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rechtfertigte in der "Bild am Sonntag" die Zurückhaltung des Bündnisses. Der Einsatz von zusätzlichem Militär würde "eine schreckliche Situation noch schrecklicher machen".
"Kindern die Angst nehmen"
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) empfahl Eltern, mit ihren Kindern über den Krieg in Syrien zu reden. "Wenn Kinder Bilder des Krieges sehen, dann muss man mit ihnen darüber sprechen", sagte die Ministerin dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel am Sonntag". "Die Kinder entkommen diesen Bildern und diesem Thema ja nicht. Es geht darum, ihnen die Angst zu nehmen."
Die Eltern sollten den Schrecken des Krieges in Syrien nicht leugnen, aber den Unterschied zwischen der Lage in Deutschland und der in Syrien erklären, meinte die SPD-Politikerin. Die Kinder würden dann verstehen, "dass es keine Selbstverständlichkeit ist, so behütet aufzuwachsen wie viele Kinder hier". Auch ihr zehnjähriger Sohn Julian sehe Kindernachrichten und werde durch die Bilder aus Syrien mitgenommen, sagte die Ministerin. "Er fragt uns, was tut ihr dagegen", sagte Schwesig und fügte hinzu: "Die Antwort fällt schwer."