Nämberch, wie es im fränkischen Volksmund heißt, ist voller Schmuckstücke. An fast jeder Ecke der ehemaligen Reichsstadt lässt sich ein Postkartenmotiv finden: die Kaiserburg, das Albrecht-Dürer-Haus und unzählige verwinkelte Gässchen. Die mittelalterliche Stadt ist vom 7. bis 11. Juni Schauplatz des 38. Evangelischen Kirchentags.
Vom wenig einladenden Hauptbahnhof sind es nur wenige Meter bis zur südlichen Altstadt. Nach der Unterführung lädt der historische Handwerkerhof gleich zu einem ersten Halt ein: Die kleinen geschmückten Fachwerkhäuschen beherbergen traditionelle Handwerksläden und Restaurants. An Weihnachten liegt der Geruch von Glühwein und Nürnberger Lebkuchen in der Luft; das ganze Jahr hinweg duftet es nach "Drei im Weckla" (drei Bratwürste im Brötchen), dem traditionellen Fast-Food der Franken-Metropole.
Zu Luther hingezogen
In der Stadt mit rund einer halben Million Einwohnerinnen und Einwohner leben noch immer etwas mehr Protestanten als Katholiken.
Einst war Nürnberg die erste Freie Reichsstadt, die sich zu Martin Luthers Ideen bekannte. Kein Wunder, dass der Mönch und Theologie-Professor 1530 schrieb: "Nürnberg leuchtet wahrlich in ganz Deutschland wie eine Sonne unter Mond und Sternen". Inzwischen gehört die Mehrheit der Stadtbevölkerung jedoch keiner der beiden großen Kirchen mehr an.
Vom Handwerkerhof führt ein kurzer Fußmarsch stadteinwärts zur Lorenzkirche, der Bischofskirche der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Sie beherbergt mit 12.000 Pfeifen und 165 Registern eine der größten Kirchenorgeln der Welt. Die katholische Frauenkirche steht der Lorenzkirche im Bekanntheitsgrad in nichts nach.
Politikwechsel 2020
Schließlich eröffnet auf ihrer Empore das Christkind jedes Jahr seinen Markt. Allerdings wurde sie wegen Sanierungsarbeiten vor kurzem geschlossen.
Die Pegnitz trennt die südliche Altstadt von dem nördlichen Teil, Sankt Sebald. Dort befindet sich unter anderem das 2021 eröffnete Zukunftsmuseum, ein umstrittenes Prestigeobjekt des bayerischen Ministerpräsidenten und gebürtigen Nürnbergers Markus Söder (CSU).
Seine Heimatstadt wurde lange von der SPD regiert, zuletzt 18 Jahre am Stück. Erst seit 2020 ist die CSU wieder am Ruder.
Dass die ehemalige Reichsstadt im Zweiten Weltkrieg durch Luftangriffe fast völlig zerstört wurde, ist heute kaum noch zu erahnen. Bereits Ende der 1960er Jahre waren viele öffentliche Gebäude wieder restauriert. Bis heute setzen sich Tausende Nürnbergerinnen und Nürnberger dafür ein, das historische Stadtbild zu erhalten.
Die malerische Kulisse wird vor allem im Sommer zur Schau gestellt, etwa beim Bardentreffen: Drei Tage lang verwandelt sich dann die Innenstadt in eine riesige Musikbühne, die mehr als 200.000 Menschen anzieht. Großstadtflair versprüht Nürnberg aber nicht nur im Sommer, sondern auch durchgehend im Szeneviertel Gostenhof. In "GoHo" sind regionale Künstlerinnen und Künstler zu Hause. Streetart ziert Wände, Vintage-Läden und Bars reihen sich aneinander.
Stadt der Menschenrechte
Zur Stadtgeschichte gehört auch das Erbe des Nationalsozialismus. Auf dem Zeppelinfeld erinnert heute ein Dokumentationszentrum daran, dass die NSDAP dort von 1933 bis 1938 ihre pompösen Reichsparteitage abhielt. Im Sommer 2022 entschied der Stadtrat, den Innenraum des Nazi-Bauwerks als Übergangsspielstätte für die Oper zu nutzen. Eine Entscheidung, die weit über Nürnberg hinaus auf Unverständnis stieß.
Mehr Rückhalt gibt es dafür, dass sich Nürnberg schon seit einigen Jahren als Stadt der Menschenrechte profiliert – mit der künstlerisch gestalteten "Straße der Menschenrechte", einem Filmfestival und einem internationalen Preis.
Aber was wäre die fränkische Metropole ohne ihre Menschen? Dass die Stadt 1806 von Bayern annektiert wurde, setzt den Franken bis heute zu. Nach wie vor gilt: "'Mia san mia' sind die anderen" und das wird wohl auch so bleiben. Ungebrochen ist indes die Loyalität zum 1. FC Nürnberg, einem Fußballverein, dessen beste Tage zum Großteil auf eine ferne Vergangenheit entfallen. "Der Glubb is a Depp, aber i moch nen!" – So klingt echte Zuneigung auf Fränkisch.
Enttäuschungsresistent und ein bisschen fatalistisch, aber letztlich unerschütterlich.