Das Problem sei tatsächlich groß, sagte Kaddor in der Donnerstagsausgabe der "Schwäbischen Zeitung". Politik und Gesellschaft müssten gegenüber Flüchtlingen frühzeitig auf die hiesigen Werte pochen und dürften nicht zurückweichen. "Ob wir sie davon überzeugen können, ihr Frauenbild zu ändern, weiß ich nicht. Aber unser Ziel muss mindestens sein, dass diese Menschen akzeptieren, wofür unsere Gesellschaft steht." Dazu zähle als Mindestvoraussetzung auch die Toleranz gegenüber Homosexuellen.
Präventionsarbeit breiter ansetzen
Nach Kaddors Worten reichen Sprachkurse und Integrationskurse nicht aus, um Flüchtlinge mit einer frauenfeindlichen und Sozialisation vom Wert der Geschlechtergerechtigkeit zu überzeugen. Hier müsse die Präventionsarbeit breiter ansetzen, etwa in Schulen und der Erwachsenenbildung. Gerade bei jungen Flüchtlingen bestehe noch die Chance, ihr Frauenbild zu verändern.
Verpflichtende Kurse über Frauenrechte
Die Frauenrechtlerin Seyran Ates spricht sich dagegen für verpflichtende Kurse über Frauenrechte für Flüchtlinge aus. "Im Umgang mit Flüchtlingen darf es kein Zurückweichen in Frauenfragen geben", sagte Ates der "Bild"-Zeitung (Donnerstag) anlässlich der Festnahme eines jungen Afghanen im Fall der umgebrachten Studentin aus Freiburg. Neuankömmlinge sollten erfahren, "was es bedeutet, in einer offenen Zivilgesellschaft zu leben. Flüchtlinge dürfen kein Grund dafür sein, dass Frauen den öffentlichen Raum meiden."
Umerziehung
Der Islamwissenschaftler Bassam Tibi fordert eine "Umerziehung" von Flüchtlingen. "Ich kam als arabisch sozialisierter Antisemit nach Deutschland und änderte meine Einstellung durch das Studium bei jüdischen Professoren", sagte er der Zeitung. "Die Flüchtlinge brauchen Integrations-Unterricht in Demokratie, sie müssen lernen, wie unsere politische Kultur funktioniert und sich von patriarchalischen Strukturen befreien."
Vertreter aus Politik und Polizei wollen, dass Flüchtlinge schon früh mit selbstbewussten Frauen in Kontakt kommen - beispielsweise als Mitarbeiterinnen beim Sicherheitspersonal in Heimen oder Ärztinnen, Polizistinnen und Richterinnen.