Einige Passagen in der vor einer Woche veröffentlichten Gründungserklärung seien missverständlich formuliert und grenzten Muslime aus, die in den großen Dachverbänden organisiert seien, sagte der Sprecher des Deutschen Islamforums, Jürgen Micksch, dem Evangelischen Pressedienst. Außerdem würden Vorurteile gegen sie geschürt.
Wenn es etwa in der Erklärung heiße, dass sich das Muslimische Forum für die Etablierung eines Islamverständnisses einsetzen wolle, "das mit unseren Grundwerten und der deutschen Lebenswirklichkeit übereinstimmt", bedeute das im Umkehrschluss, dass alle anderen Muslime nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stünden, monierte Micksch, der auch Vorsitzender des Interkulturellen Rats in Deutschland ist.
Zentralrat der Muslime: Gespannt auf Impulse
"Schon in der Vergangenheit sind immer wieder muslimische Think Tanks von Stiftungen oder Akademien initiiert oder gegründet worden", sagte der Vorsitzende des Zentralrats des Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, der Katholischen Nachrichten-Agentur. "Dahinter verbirgt sich der Wunsch, beim Thema muslimisches Leben in Deutschland mitzumischen." Er sei gespannt auf Impulse, wie die knapp 2.000 muslimischen Gemeinden in Deutschland der "Gleichberechtigung und Gleichbehandlung mit den Kirchen ein Stück näher kommen könnten".
Initiative zur Gründung ging von Konrad-Adenauer-Stiftung aus
Zu dem "Muslimische Forum Deutschland" haben sich Muslime, Aleviten und Jesiden auf Initiative der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zusammengeschlossen. Der liberale Islam solle so eine eigene Plattform erhalten, teilte die Stiftung weiter mit. "Die Mehrheit der Muslime ist unterrepräsentiert", heißt es in der Gründungserklärung des Forums.
"Deshalb wollen wir mit unserer Aktion der Politik einen weiteren Ansprechpartner anbieten, der die unartikulierten Positionen von Muslimen in Deutschland wiedergibt." Unter den Erstunterzeichnern sind der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster, Mouhanad Khorchide, und der Direktor des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Tübingen, Erdal Toprakyaran.
Islamexperte Lemmen äußerte bei domradio.de Kritik
"Es ist eine zusätzliche Vertretung. Und mehr schadet in dem Fall nicht", sagte der Aachener Theologen und Islam-Experte Thomas Lemmen dem Kölner domradio. Das liberale Islamverständnis des Forums sei jedoch nicht unproblematisch. "Das erweckt das Zeichen der Spaltung der Community, weil der Eindruck erweckt wird, man sei besser, man sei liberaler und demokratiefähiger", so der Experte.
Scharfe Kritik äußerte Lemmen an der Entstehungsgeschichte des Zusammenschlusses. Es sei "ziemlich unmöglich", dass die KAS einen Prozess unterstütze, der zu einer Herausbildung einer neuen islamischen Struktur führe. Das sei unvereinbar mit dem Prinzip der Trennung von Staat und Kirche in Deutschland.
Lob aus Kreisen der CDU
Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Gert Pöttering, hatte das Forum als Bereicherung in der aktuellen Debatte über den Islam in Deutschland bezeichnet. Besonders hob er "die Betonung individueller Freiheitsrechte" und "das klare Bekenntnis zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der europäischen Menschenrechtskonvention" hervor. Auch der Kirchenbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag, Franz Josef Jung (CDU), begrüßte das Forum. Es schließe eine Lücke in Deutschland.