Expertin über zunehmendes Schimmelproblem in Kirchen

Kann man eine Kirche richtig heizen?

Im Winter kann der Kirchgang kalt werden. Auf der anderen Seite setzt die warme Luft dem Mobiliar in Kirchen zu - ein Thema mit Konfliktpotenzial. Was können Gemeinden gegen das Problem tun? Wirkt sich auch der Klimawandel auf die Kirchen aus?

Autor/in:
Michael Althaus
Offene Kirchentür / © Harald Oppitz (KNA)
Offene Kirchentür / © Harald Oppitz ( KNA )

Wenn Ina Birkenbeul eine Kirche betritt, dann atmet sie zunächst einmal tief ein. Strömt ihr kurz darauf ein modriger Geruch durch die Nase, weiß sie: Irgendwo im Raum wuchert der Schimmelpilz. "Das ist ein zunehmendes Problem in unseren Kirchen", sagt die Restauratorin von der Hildesheimer Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK). Einer der Gründe, warum die Fakultät für Bauen und Erhalten gemeinsam mit dem Hornemann Institut eine Tagung zum Thema "Klimazone Kirche" veranstaltet. Von Mittwoch bis Freitag unterhalten sich Fachleute aus Restaurierung, Denkmalpflege, Architektur, Ingenieurwesen und Bauphysik in Hildesheim darüber, wie in Gotteshäusern mit historischer Einrichtung richtig geheizt und gelüftet werden muss, um Altäre, Skulpturen, Orgeln und Gemälde vor dem Verfall zu bewahren.

Schimmelpilze siedeln sich gerne in Orgeln an

Ein Thema mit reichlich Konfliktpotenzial: Denn heizt der Küster zu wenig, frieren die Kirchenbesucher. Heizt er zu viel, sorgt die trockene Luft für Risse im Holz und in den Gemälden. In jüngster Zeit gesellt sich noch ein weiteres Problem hinzu: "Viele Gemeinden heizen gar nicht mehr. Sie müssen sparen und schließen ihre Kirchen im Winter. So kommt es schnell zu mikrobiellem Befall." Laut Birkenbeul haben mittlerweile die meisten historischen Gotteshäuser mit Schimmelpilzen zu kämpfen. "Besonders gerne siedeln sie sich in Orgeln an, weil durch die Instrumente sehr viel Luft mit verschiedenen Feuchtigkeiten gepustet wird."

Was können die Gemeinden tun? "Der erste Schritt ist, die klimatische Situation in einer Kirche zu erfassen", sagt Birkenbeul. Thermometer und Hygrometer müssten aufgestellt werden, um zu beobachten, wie sich die Luftfeuchtigkeit ändert, wenn die Heizung aufgedreht wird. Ideal seien Werte zwischen 40 und 70 Prozent relativer Feuchte. "Liegen sie zu bestimmten Zeiten darüber oder darunter, muss gegengesteuert werden."

Am Ende müsse ein Kompromiss gefunden werden zwischen dem Wohlbefinden der Kirchenbesucher, der Kosten- und Energieeffizienz sowie dem Schutz der Ausstattung, so die Expertin. "Ideal wäre, konstant bei einer moderaten Temperatur zu heizen."

Früher wurden Kirchen häufiger genutzt

Das Argument, dass es im Mittelalter in den Kirchen auch ohne künstliche Wärme funktionierte, lässt die Restauratorin nicht gelten. "Zwar weiß ich wenig über die klimatischen Bedingungen zur damaligen Zeit. Aber die Kirchennutzung war eine ganz andere." Die Gotteshäuser wurden regelmäßig besucht, die Körperwärme der Gläubigen sorgte für angenehme Temperaturen. Im Kölner Dom, der bis heute keine Heizung hat, funktioniert das auch weiterhin. "Doch in einer Dorfkirche, in der nur einmal im Monat ein Gottesdienst stattfindet, geht es ohne Heizung nicht."

Gefahren lauern übrigens nicht nur in der kalten Jahreszeit, sondern auch im Sommer. Die Kühle, die dann häufig in Kirchen herrscht, empfinden hitzegeplagte Gäste zwar als angenehm. "Doch durch die warme Luft, die die Besucher hereintragen, entsteht Kondenswasser und damit erneut ein Feuchtigkeitsproblem." Besonders gravierend war das 2017, als die warme Jahreszeit extrem verregnet war. Der trockene Sommer im vergangenen Jahr beförderte dagegen kaum die Schimmelbildung in den Kirchen. Wirkt sich der Klimawandel am Ende also positiv auf die Bedingungen in den Gebäuden aus? "Das wissen wir nicht", sagt Birkenbeul. "Der Klimawandel ist derzeit viel diskutiertes Thema unter Restauratoren. Welche Auswirkungen er hat, lässt sich aber noch nicht genau prognostizieren."

Technische Möglichkeiten zur Schaffung der richtigen Klimabedingungen gibt es inzwischen viele: Feine Messapparate, Systeme zum Querlüften, Temperierungsanlagen oder Bankheizungen, die nur sehr punktuell Wärme spenden. Unter anderem darüber werden die Experten bei der bevorstehenden Tagung in Hildesheim diskutieren. Eines werden sie aber ganz sicher nicht, wie Ina Birkenbeul beteuert: eine Patentlösung entwickeln. "Die gibt es nicht. Denn jede Kirche ist anders."


Restauratorin Ina Birkenbeul / © HAWK/Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (KNA)
Restauratorin Ina Birkenbeul / © HAWK/Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst ( KNA )

Bonner Münster vor der Sanierung / © Ottersbach (DR)
Bonner Münster vor der Sanierung / © Ottersbach ( DR )
Quelle:
KNA