"Das einzige, was jetzt hilft, ist ein grundsolides, planvolles und nachhaltiges Programm zur Prävention von Radikalisierungen, wie wir es in der Zivilgesellschaft auch kennen", sagte der Extremismusforscher Andreas Zick in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir haben Wissen und Forschung, die helfen könnten, aber die muss man auch abrufen und einbinden", so der Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Uni Bielefeld.
Keine zuverlässigen Präventionsinstrumente
Die bekanntgewordenen Hintergründe um die beiden verhafteten Bundeswehrsoldaten Franco A. und Maximilian T. zeigten, dass man nicht auf die "Selbstheilung der Bundeswehr" vertrauen könne, sagte Zick weiter. Sie müsse von außen gestärkt werden. Die Bundeswehr, die aus sich selbst heraus und in großen Teilen abgeschottet von der Zivilgesellschaft existieren müsse, sei eine attraktive Nische für extremistisch orientierte Menschen. "Das ist bekannt und dafür hat die Bundeswehr Kontrollen entwickelt, die nicht wirken, weil sie nicht angewendet wurden oder schlichtweg schlecht sind." Hier fehle es an zuverlässigen Präventionsinstrumenten.
Vorschläge zur Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht lehnte Zick ab. Diese reihten sich ein in einen Aktivismus und eine Flickschusterei, die nichts bringen würden. "Seit wann sind Pflichtmitgliedschaften in Institutionen zur Prävention von Extremismus gut?", fragte Zick. Auch die Schulpflicht garantiere nicht, "dass wir lupenreine Demokraten sind". Nötig sei gerade das Gegenteil: Die freiwillige Mitgliedschaft in einer demokratischen Armee des Parlaments wäre eigentlich ein gutes Nadelöhr. Außerdem hätten sich Rechtsextreme noch nie von der Wehrpflicht abhalten lassen: "Ihre Einführung würde geradezu noch mehr Extremisten in die Bundeswehr spülen."
"Militanter Rechtsextremismus"
Die Bundeswehr sei in Gruppen organisiert und lebe vom Korpsgeist, erläuterte der Wissenschaftler. "In solchen Umgebungen muss man immer mit der Selbstorganisation und Radikalisierungen von Gruppen rechnen." Dass sich in den bekanntgewordenen Fällen ein militanter Rechtsextremismus über längere Zeit in der Bundeswehr entwickeln konnte, zeige eine mangelnde Kontrolle sowie eine Duldung oder ein Nicht-Ernstnehmen. Das sei in der Bundeswehr nicht anders als in der Zivilgesellschaft: "Warum erwarten wir eigentlich, dass die Bundeswehr vor Radikalisierungen von Personen und kleinen Gruppen besser geschützt ist?"