Der Religionsunterricht an Schulen steht unter Druck: In Bayern wurde zu Jahresbeginn über die Reduzierung des Religionsunterrichts an Grundschulen diskutiert, in Baden-Württemberg sprach sich vor rund einem Jahr der Landesschülerbeirat für weniger Religionsunterricht aus. Der Deutsche Katecheten-Verein (DKV) mit Sitz in München will dem Fach nun neuen Auftrieb verleihen, wie Markus Tomberg, stellvertretender Vorsitzender des Fachverbands, im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärte.
Ein Newsletter soll Lehrkräfte dazu inspirieren, Unterricht mit stärkerem Bezug zur aktuellen Weltlage und modernen Themen zu geben. Allerdings scheint die Bereitschaft, für die Unterrichtsvorschläge zu zahlen, gering zu sein.
Religion und Lebenswirklichkeit
"Lehrpläne sind noch häufig auf klassisch religiöse Themen ausgerichtet. Aber auch der 'Barbie'-Film, der Streik der Lokführer oder die Proteste gegen rechts eignen sich für den Religions-Unterricht", sagt Tomberg, der auch an der theologischen Fakultät Fulda lehrt. Lehrerinnen und Lehrer könnten heute nicht mehr als Verkünder der christlichen Botschaft wirken. "Die Lehrpläne sehen vielmehr vor, dass religiöse Botschaft und Lebenswirklichkeit miteinander in Beziehung gebracht werden."
Ihm zufolge gibt es neben dem verbindlichen Curriculum ausreichend Zeit, um Aktuelles zu thematisieren. Lehrpläne sehen am Gymnasium etwa die Behandlung der Zehn Gebote, der Bergpredigt oder der Schöpfungsgeschichte vor. "Religion soll sich im Reli-Unterricht darüber hinaus als lebensrelevant erweisen", betont der Professor.
Vertriebsmodell Newsletter
Mit dem seit Januar erscheinenden Newsletter "RU Express" für den katholischen oder gemischt-konfessionellen Unterricht in weiterführenden Schulen kommt der Katecheten-Verein eigenen Angaben zufolge seinem Satzungsauftrag nach. Der Fachverband für religiöse Bildung und Erziehung gibt den Newsletter alle zwei Wochen heraus. Er ist kostenpflichtig - 6,50 Euro müssen Interessierte aktuell pro Ausgabe zahlen.
Die Bereitschaft dazu ist allerdings bislang kaum vorhanden. "Wir bekommen die Rückmeldung, dass der Newsletter eine super Idee ist, dass es sowas bislang noch nicht gibt", sagt Tomberg. "Aber er ist wohl zu teuer." Gleichzeitig müsse der Verein Mitarbeitende bezahlen sowie Lizenzgebühren. Die Zahl der Abonnenten sei überschaubar, in den schwarzen Zahlen sei man noch nicht. Das Vertriebsmodell sei noch "im Fluss", so Tomberg.
Ethik wird beliebter
Für den Verein selbst ist der Newsletter auch ein Versuch, Einnahmen zu generieren und eventuell sogar neue Mitglieder zu finden. "Wir sind mit 4.000 Mitgliedern zwar noch der größte katholische Fachverband für religiöse Bildung und Erziehung, aber wir schrumpfen. Und irgendwann reicht das Geld nicht mehr", erklärt Tomberg.
Auch die Zahl der Schüler, die am Religionsunterricht teilnimmt, nimmt stetig ab. Im katholisch geprägten Bayern besuchen nur noch zwei von drei Schulkindern den Reli-Unterricht; wachsender Beliebtheit an Bayerns Schulen erfreut sich derweil das Fach Ethik. Mittlerweile entscheiden sich dafür fast ein Drittel der Schüler. Tomberg zufolge gehen viele Schüler dennoch gern in den Religionsunterricht - "und zwar nicht nur, weil es dort oft gute Noten gibt".
Unterrichtsideen kuratieren
Gabriel Just, Bezirksschülersprecher der Mittelschulen im Oberfranken, erklärt auf KNA-Anfrage, viele seien von Themen im Reli-Unterricht gelangweilt. Als Beispiel nennt der Zehntklässler eine Unterrichtseinheit, die der Frage nachgeht, was Glück sei. "Viele interessieren sich mehr dafür, wie Jesus damals gelebt hat. Es wird kaum noch über die Bibel geredet", kritisiert Just. Wenn man im Religionsunterricht über Glück spreche, müsse zumindest deutlich gemacht werden, was das mit Gott zu tun habe.
In einem der Newsletter wird laut Tomberg beispielsweise der Streik der Lokführer mit dem biblischen Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg in Verbindung gebracht. Das, sagt Just, sei für ältere Schüler auf jeden Fall interessant. Tomberg erklärt, mit dem Newsletter wolle man Lehrkräften aus dem Wust an Trends und Informationen im Internet eine kuratierte Fassung von Unterrichtsideen vorlegen. Schulbücher könnten diese Aktualität nicht leisten. Tomberg: "Uns gehen die Ideen dabei nicht aus."